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Die richtige Körperhaltung - der erste Schritt, sich Respekt zu verschaffen
Die richtige Körperhaltung - der erste Schritt, sich Respekt zu verschaffen
Nastia11/iStock/Thinkstock

Mobbing in der Schule: Nicht mit uns!

05.05.2021 um 07:12, Ute Daniela Rossbacher
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Mobbing ist eine der schlimmsten Erfahrungen für Kinder und Jugendliche. Hierzulande sind rund 21,3 Prozent davon betroffen. Laut OECD-Studien ist Österreich damit Spitzenreiter in Europa. Was man wissen sollte, was man tun kann.

Ab wann spricht man von Mobbing?

Bei Mobbing handelt es sich um eine gezielte und vor allem dauerhafte Herabsetzung, seelische und/körperliche Verletzung oder Demütigung von Kindern durch Lehrpersonal oder Mitschüler. Um diese Frage zu beantworten, ist es übrigens auch wichtig zu klären, was nicht unter Mobbing fällt: gelegentliche Auseinandersetzungen unter Mitschülern oder Freunden, Rangeleien oder spontaner verbaler Schlagabtausch.

Gibt es typische Mobbing-Opfer?

Tatsächlich suchen sich Kinder und Jugendliche, die andere quälen oder ausgrenzen wollen, bevorzugt Altersgenossen, die vermeintlich isoliert, besonders sensibel, ungeschützt und introvertiert erscheinen. Etwa, weil sie nicht Teil einer Clique sind, nur wenige Freunde haben oder in puncto Körpergröße, sozialer bzw. kultureller Herkunft oder sportlicher Leistungsfähigkeit anderen unterlegen sind oder sich so fühlen.

Woran erkenne ich, dass mein Kind gemobbt wird?

Der Blickwinkel gemobbter Kinder verengt sich völlig auf "die/der und ich". Für die Betroffenen scheint es kein Entrinnen aus der Situation zu geben. Sie fühlen sich ausgeliefert und völlig ohnmächtig. Leider denken viele von ihnen, dass sie es verdient hätten, schlecht behandelt zu werden, und schämen sich dafür. Aus diesem Grund meiden sie es in der Regel auch, sich Eltern anzuvertrauen, egal, wie sehr sie von ihnen geliebt werden.

Der Teufelskreis: Indem sie schweigen und auszuweichen versuchen, machen sie ihre Peiniger noch stärker und ermutigen sie unbeabsichtigt, sie noch mehr zu quälen. Ein Dauerbeschuss der persönlichen Würde, der auch gesundheitliche Folgen hat. Die Symptome reichen von Übelkeit über Appetit- und Schlaflosigkeit bis hin zu schweren Kopfschmerzen.

In der Folge zieht sich das Kind noch mehr in seine Welt zurück, scheut den Kontakt mit anderen, verlässt ungern das Haus. In der Regel lässt auch die Konzentration im Unterricht nach und die Noten verschlechtern sich sukzessive. Zieht das Umfeld die falschen Schlüsse, nimmt der Leidensdruck zu. Eine Kette, die dringend durchbrochen werden muss.

Wie kann ich meinem Kind helfen?

Wichtig ist, das Gespräch zum Kind zu suchen, wobei in der Regel Ausfragen nur wenig bringt. Weiter kommt man dagegen, wenn man versucht, über behutsame Fragen mehr über den erlebten Alltag des Kindes zu erfahren und zuzuhören, was es beschäftigt. Die Schilderungen sollten unbedingt ernst genommen werden und nicht mit pauschalen Floskeln wie "Das geht vorbei", "Lass' dir das nicht gefallen" oder "Das wird schon wieder" kommentiert werden.

Ganz wichtig ist es in dieser Phase, dem Kind den Rücken zu stärken. So traurig es ist, elterliche Liebe allein reicht leider häufig nicht mehr aus, auch wenn es die unabdingbare Grundlage jeder Hilfe ist.

Was Tochter oder Sohn jetzt benötigen, sind Verbündete, um ihr Selbstbewusstsein gegenüber den Peinigern zu stärken und sich ihre Würde zurückzuholen. Sportkurse, der Eintritt in einen Verein oder Hobbys, die sie mit Gleichaltrigen zusammenbringen und in der sie Gemeinschaft neu und positiv erleben, zählen hier ebenso dazu, wie Selbstverteidigungskurse, die zum Ziel haben, die mentale Stärke von Menschen zu fördern und ihnen helfen, eine selbstbewusstere Körpersprache zu entwickeln, die weniger Angriffsfläche bietet. Auch Haustiere - zum Beispiel ein Hund - kann gerade in diesem Abschnitt Kindern das Gefühl vermitteln, beschützt und geliebt zu werden.

Vor allem, wenn Gespräche mit den Eltern der "Peiniger" oder den Lehrern ergebnislos bleiben, ist es entscheidend, dass sich das Kind auf eine der oben genannten Arten Respekt verschafft.

Wie schütze ich mein Kind vor Cyber-Mobbing?

Im Interesse des Kindes darauf achten, dass die privaten Sicherheitseinstellungen jedes Profils auf den Social Media-Kanälen immer auf dem letzten Stand sind und gepostete Inhalte grundlegend nur für die bestätigten Freunde auf der Liste sichtbar sind. Sein Kind über den Umgang mit Fotos und intimen Geständnissen auf sozialen Kanälen frühzeitig aufklären, ist dabei unabdingbar.

So schwer es in der heutigen Zeit auch sein mag, helfen gezielte Unternehmungen in der Freizeit Kindern durchaus bei der Erkenntnis, dass sich das wahre Leben immer noch jenseits von Facebook und Co. abspielt.

Was tue ich, wenn mein Kind Opfer von Cyber-Mobbing geworden ist?

Als Eltern mit den betreffenden Personen umgehend Kontakt aufnehmen und sie auffordern, die entsprechenden Posts zu entfernen. Zusätzlich die Inhalte, um die es geht, über Screenshots dokumentieren und aufbewahren, sollten sich die jeweiligen User nicht einsichtig zeigen. In diesem Fall sollte man von seinem Recht Gebrauch machen, diese Vorfälle dem entsprechenden Portal-Betreiber zu melden. Hilft alles nichts, bleibt immer noch, juristische Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Hilfreich ist es, den Klassenvorstand zu informieren oder sich mit anderen Eltern auszutauschen bzw. zusammenzuschließen. Auch wenn deren Kinder nicht unmittelbar betroffen sind, geht es doch alle an. Durch den Druck der Gruppe wird es nebenbei auch Mobbern schwerer gemacht, Stimmung gegen einzelne zu erzeugen und diese auszugrenzen.

Wie gehe ich mit Lehrern um, die mein Kind schikanieren?

Auch hier verlaufen die Grenzen zwischen gefühlter Ungerechtigkeit und tatsächlicher Benachteiligung fließend. Aber: Sobald ein Lehrer einen Schüler regelmäßig vor versammelter Klasse demütigt, verspottet oder benachteiligt, besteht Handlungsbedarf. Ähnlich wie unter Altersgenossen schweigen sich darüber viele Kinder ihren Eltern gegenüber aus, weil sie fürchten, den betreffenden Lehrer noch mehr gegen sich aufzubringen.

Um genau das zu vermeiden, ist der direkte Weg in die Sprechstunde in Begleitung des Kindes der erste Schritt. Im Sinne der Tochter oder des Sohnes die konkreten Vorkommnisse und die Wirkung auf das Kind in Ruhe aber klar ansprechen. Das gibt dem Lehrer Gelegenheit, sich zu erklären. Stellt sich das Ganze als ein Missverständnis heraus, gut.

Bleibt die Situation unverändert, hilft es auch, sich mit anderen Eltern auszutauschen und gegebenenfalls zusammenzutun. Gibt es noch andere Kinder, die darunter leiden? Das stärkt die eigene Ausgangsposition. Kleiner Tipp: Gemeinsame Vorhaben verschriftlichen - z.B. in Form einer Unterschriftenliste, um am Ende nicht alleine dazustehen.

In letzter Konsequenz den Weg zum Klassenvorstand und weiterer Instanz der Schulleitung suchen. In der Regel kommt es zu moderierten vermittelnden Gesprächen und internen Klärungen, die die Situation bereinigen. Im schlimmsten Fall kann das Kind für das betreffende Unterrichtsfach in eine andere Klasse oder Gruppe versetzt werden.

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