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Flüssiges Gold: Whisky als Wertanlage

18.11.2014 um 11:06, A B
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Whisky ist – nicht nur sprichwörtlich – in aller Munde. Die hochprozentigen Destillate stehen bei Genießern hoch im Kurs und rücken auch verstärkt ins Visier von Investoren.

Diesen Sommer ging bei Bonhams in Hongkong eine Flasche ­eines 60 Jahre alten Macallan Whisky um stolze 26.820 Euro über den Auktionstisch. Und das ist beileibe kein Einzelfall: Heute sind unzählige Abfüllungen um Tausende, Zehntausende oder sogar Hunderttausende Euro auf dem Markt. "Die derzeit teuerste Flasche Whisky (Top 100 des Whisky Magazine – der weltweit führenden Fachzeitschrift im Whisky-Bereich) ist ein Macallan um umgerechnet rund 350.000 Euro", erzählt Thomas Neuhauser, Gründer des Whisky-Museums im oberösterreichischen Steyregg. Sehr beliebt seien auch Whiskys, die in Sherry-Fässern gelagert wurden, da es in den vergangenen Jahren zu einer immer stärkeren Verknappung dieser Fässer kam und damit die Mengen dieses Whiskys zu sinken beginnen. "Ausschlaggebend beim Wert eines Whiskys ist nicht immer die Qualität: Angebot und Nachfrage bestimmen – wie überall im Leben – den Preis", so Neuhauser. Schauspiellegende Humphrey Bogart betätigte sich also quasi als Prophet, als er sagte: "Man muss dem Leben immer um mindestens einen Whisky voraus sein."

Status quo

Tatsächlich steigt laut Experten auch hierzulande die Zahl der Whisky-­Liebhaber stetig. "Entgegen der immer noch vorherrschenden Meinung, dass Whisky hauptsächlich ein Männer­thema ist, erfreuen sich immer mehr Frauen dieser, wie auch anderer hochwertiger Spirituosen", ergänzt Claudia M. Schett vom Team der Vinothek St. Stephan in Wien.

Investment

Die Investition in Whisky ist laut Experten ein langjähriges Geschäft. Während gelegentlich der eine oder andere Whisky bereits nach kurzer Zeit eine ansehnliche Rendite abwirft, sollte man sich beim Gros der Investitions-Whiskys auf einen Zeitraum von zehn bis 20 Jahren einstellen. Wie bei allen Investitionsgeschäften gilt auch bei Hochprozentigem: Der Investor sollte den Markt kennen und eine gewisse Leidenschaft für das Thema mitbringen. Angelegt werden sollten ausschließlich Beträge, die man notfalls auch verlieren kann. In den vergangenen Jahren allerdings lief das Geschäft mit den Destillaten ganz gut: Der Investment Grade Scotch Index zeigt an, dass die 100 wertvollsten Whiskys zwischen Anfang 2008 und Ende Juli 2014 einen durchschnittlichen Ertrag von 440 Prozent gebracht haben. Demgegenüber stehen beispielsweise zwei Prozent Minus beim Live-ex Benchmark Fine Wine Index. Claudia Schett gibt allerdings zu bedenken: "Investitionswhiskys sollten nur bei Fachhändlern oder renommierten Auktionshäusern gekauft werden, denn wie bei Prestige-Weinen kommt es auch am Spirituosensektor immer wieder zu Fälschungen."

Risiken

Neuhauser ergänzt: "Viele Leute glauben aber auch, dass man mit blended Scotch Whiskys wie Ballantines, Chivas Regal oder Johnnie Walker das große Geld mit älteren Flaschen machen kann." Hier seien die Verkäufer immer maßlos enttäuscht, dass man an die Preise, die seltene Malt Whiskys erzielen, nicht einmal annähernd heran kommt. Weiters: "Ein Problem heute liegt auch darin, dass die Whisky-Firmen seit einiger Zeit eine Vielzahl an Abfüllungen in wunderschönen Verpackungen zu horrenden Preisen auf den Markt bringen und diese vor allem als sogenannte limited Editions verkaufen. Die limited Editions suggerieren Seltenheit – wenn man genauer schaut, sieht man hier Abfüllungen mit einer Auflage von 5.000 bis 20.000 Flaschen." Leichtgläubige Investoren ließen sich von solchen Bezeichnungen als auch Verpackungen gerne täuschen und erwarten künftig große Wertsteigerungen. Die Enttäuschung sei dann meist groß, wenn diese Hoffnungen nicht erfüllt werden. "Aber es gibt sie auch heute noch – die zukünftigen Raritäten. Oftmals sind das normale Abfüllungen wie etwa der Peacock 1997 von der Isle of Arran Distillery – aufgelegt 2009 um rund 60 Euro – der ak­tuelle Auktionspreis beläuft sich auf 700 Euro. Diese Wertsteigerungen sind aber selten geworden und sicherlich nicht der ­Regelfall", erläutert Neuhauser.

Aussichten

Wie bei jedem Investment, ist es nahezu unmöglich, Renditen voraus­zusagen. Claudia Schett meint: "Vor allem asiatische Märkte wie China und Indien streben nach mehr Getreidedestillaten. Die Konsequenz: Auch in den nächsten zehn bis 20 Jahren bleibt eine hohe Nachfrage gesichert." Neuhauser gibt sich etwas skeptischer: "Der gesamte Whisky-Markt hat sich in den letzten Jahren massiv erhitzt, aus meiner Sicht sogar überhitzt. Heute werden nicht nur Fässer und Flaschen angeboten, sondern auch Fonds aufgelegt, wo Whiskyflaschen gekauft und als Spekulationsobjekte wieder verkauft werden und damit Geld gemacht werden soll. Generell ist festzuhalten, dass jemand, der heute mit Whisky spekuliert, eher Geld verlieren kann als das große Vermögen damit zu machen. Wenn man aber bereits vor 20 Jahren oder vorher in dieses Thema investiert hat, kann man durchaus ein kleines Vermögen haben." In einem Punkt, der für den Kauf von Whisky spricht, sind sich die Experten allerdings absolut einig: Whisky als Wertanlage hat einen entscheidenden Vorteil gegenüber Immobilien, Aktien, et cetera: Sollte der Markt einbrechen, kann man es immer noch dem guten alten Humphrey Bogart gleich tun und den Whisky selbst genießen.

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