Mehr Tote als Einwohner: Hier lebt man in Frieden
Ein bekannter Slogan besagt: "Es ist großartig, in Colma am Leben zu sein." - Vor allem ist es alles andere als selbstverständlich, sieht man sich die demografische Entwicklung der kalifornischen Kleinstadt nahe San Francisco an. 17 Friedhöfe, mehr als 1,5 Millionen Gräber. Gerade einmal 1.600 Einwohner, die überwiegend in der Bestattungsindustrie beschäftigt sind. Stiller geht's nicht.
Stadt der Friedhöfe
Touristischer Hotspot ist Colma nicht, wenn auch ein beliebter Nächtigungsort für Touristen, die Kalifornien per Mietauto erkunden und dem Trubel von San Francisco entgehen wollen. Ganz in der Nähe: der Flughafen der Metropole und die Zentrale von Google. Wer über selbige Suchmaschine nach der Stadt sucht, findet sie mehr oder weniger ausschließlich im Zusammenhang mit "Friedhöfen". Die sich mit einigen Berühmtheiten rühmen können: Levi Strauss, der Erfinder der Blue Jeans ist nur einer von ihnen. Desweiteren Künstler, Sportler, Politiker. Für sie gibt es keine Grabstätte mehr in San Francisco, der der Raum für ihre Toten bereits um die Jahrhundertwende ausgegangen ist.
Kein Platz für Tote in San Francisco
Seit ihrer Gründung Mitte des 19. Jahrhunderts wurde sie von europäischen Siedlern auf der Suche nach Gold gestürmt und platzte schon bald aus allen Nähten. Allein in den 1860er-Jahren verdreifachte sich die Zahl der Einwohner. Innerhalb weniger Jahre wurde die Stadt schwer gebeutelt. Wachsende Armut. Das Erdbeben von 1906, das die Stadt dem Erdboden gleich machte. Pestepidemie. Ein Flächenbrand, der weite Teile des urbanen Zentrums vernichtete. Spanische Grippe. Und jedes Mal zahlreiche Tote. Mehr als die junge Stadt auf den Friedhöfen unterbringen konnte. Der Bauboom nach dem Zweiten Weltkrieg verschärfte das Problem. Denn aufgrund seiner geografischen Lage (San Francisco ist von drei Seiten von Wasser begrenzt) und der starken Nachfrage nach Bauland fehlte der Platz für weitere Friedhöfe.
Neue Ruhestätte für 155.000 Tote
Die Lösung wurde 1912 gefunden und ab den 1920er-Jahren stetig umgesetzt: Umland weiter außerhalb des Einzugsgebiets aufzukaufen und die zigtausenden Toten dortin zu befördern bzw. alle weiteren dort zu bestatten. Ein logistischer Großeinsatz, bei dem rund 155.000 Leichen bzw. -reste in das Städtchen Colma, das aus einer kleinen Siedlung mit ein paar Hundert Einwohnern entstanden ist, überstellt wurden.
Colma - eine Nekropole
Da heute die 17 Friedhöfe rund 78 Prozent des Ortsgebiets von Colma ausmachen (Tendenz steigend), und mit 1,5 Millionen die Toten 99,9 Prozent der Bevölkerung ausmachen, wird die 1.600 Einwohner zählende Kleinstadt offiziell als "Nekropole" (Totenstadt) geführt. Straßenseitige Hotels machen hier in der Regel niemandem bange. Dafür ist es im Vergleich zu anderen Orten viel zu ruhig. Ein Traumziel auch für Halloween-Fans. Denn egal, wo man sich in Colma befindet: Der Friedhof ist nie weit.