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Andrea Händler: „Ich habe mich ans Kabarettspielen gewöhnt“

29.09.2014 um 11:20, A B
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Das neue Programm der weiblichen Komik-Supermacht Andrea Händler scharrt in den Startlöchern. Weekend.at traf die Kabarettistin und Schauspielerin zum ausführlichen Interview.

Weekend: Sie haben dieses Jahr nicht nur Ihren 50. Geburtstag gefeiert, sondern feiern auch 30 Jahre Bühnenjubiläum.

Andrea Händler: Wirklich? Jetzt muss ich mal nachrechnen, ob das stimmt. 84 hab ich angefangen - stimmt also tatsächlich. Das hab ich noch überhaupt nicht überzuckert. Bin ich alt!

Wie hat sich das Kabarett in den letzten 30 Jahren verändert?

Wir sind sehr viele geworden! Das hat sich verändert. Früher hatten wir auch weniger Comedy und mehr Kabarett. Ich unterscheide das ganz gerne. Das sind ja zwei Welten, auch wenn beides lustig ist. Früher konnte man auch in Wien sechs Wochen nonstop spielen, das gibt es heute nicht mehr. Wenn einer vier Tage hintereinander spielt, ist das schon viel.

Gibt es eine(n) Lieblings-KaberettistIn/Comedian? Auch international?

Ich schaue mir relativ wenige lustige Sachen an. Ich steh mehr auf Drama. Ich schau mir lieber Liebesschnulzen oder Krisenfilme an. Wenn schon lustig, dann schau ich mir meine Kollegen an. Bei Comedy tu ich mir sowieso schwer, deutsche Comedy überhaupt - das ist nicht meins.

Gut finde ich dagegen deutsches Kabarett. Hape Kerkeling zum Beispiel sehe ich sehr gern. Egal was der macht, das ist gut. Bei den anderen tu ich mir schwerer. Leute wie Oliver Pocher, das ist meist eine Spur zu weit unter der Gürtellinie. Ich finde, das geht mit einer feineren Klinge besser, man erreicht viel mehr und kann in Wahrheit auch viel gemeiner sein.

Ansonsten mag ich natürlich meine Kollegen gern, Reinhard Nowak und Alfred Dorfer zum Beispiel. Unlängst hab ich Gerry Seidl gesehen, der war sehr gut. Da hab ich sehr lachen müssen. Er ist einer der wenigen Kabarettisten, die eine wunderschöne Sprache haben. Und natürlich bin ich ein ganz großer Fan von Andreas Vitasek. Sekundenschlaf zum Beispiel ist für mich ein Einser-Programm. So etwas Gutes habe ich lange nicht gesehen. So, jetzt hab ich die Kasperl aber genug gelobt!

In ihrem letzten Programm „Naturtrüb“ ging es v. a. ums Älterwerden. Was ist das nervigste am Älterwerden?

Also was mich mit 50 derzeit stört ist, dass ich eine Brille brauch, wenn ich lesen will. Ich verdränge das aber oft und versuche es ohne, aber es geht einfach nicht. Sowas macht mich wirklich fuchsig. Wenn man das operieren kann, bin ich die Erste, die das macht. Sonst stört mich, dass das ganze körperliche Gerüst ein bisschen lädiert ist. Die Bandscheiben zum Beispiel. Wenn ich mal Falten haben sollte, die mich stören, werde ich wohl auch zum Arzt gehen und sie wegmachen lassen. Und dass ich immer so müde bin und nicht mehr so lange durchhalte beim Feiern, das stört mich auch.

Was ist das Angenehmste am Älterwerden?

Dass ich gelassener bin. Ich reg mich zwar immer noch furchtbar auf, aber viel kürzer als früher. Ich nehme mich auch selbst nicht mehr so wichtig und werde immer toleranter. Ich schätze viel mehr was gut ist und zwar dann, wenn es passiert. Ich nehme es nicht als selbstverständlich hin.

Würden Sie nochmal jung sein wollen?

Nur körperlich. Kopfmäßig nicht, mir geht es jetzt viel besser als es mir mit 34 ging. Am liebsten war mir das Alter zwischen 30 und 40. Viel lieber als zwischen 20 und 30. Dieses Alter hätt ich optisch schon gern wieder.

Haben Sie schon eine Vorstellung davon, wie und wo sie ihre Pension genießen werden?

Wir gründen eine Alters-WG. Es gibt da den französischen Film „Und wenn wir alle zusammenziehen?“. Der war der Auslöser dafür, dass wir planen mit ungefähr 70 zusammenzuziehen. Jeder würde etwas auf den anderen aufpassen.

Wer wäre da mit dabei?

Auf jeden Fall Eva Billisich, Alfred Dorfer, wenn er brav ist, ich hätt auch gern den Reinhard Nowak dabei, über den muss ich immer lachen. Schön wäre ein Jahrhunderwendehaus in Wien, in dem jeder seine eigene Wohnung hätte. Ein alternatives Geriatriezentrum quasi.

Es gibt ja immer noch nicht sehr viele Kabarettistinnen in Österreich.

Naja, es ist halt immer noch eine Männerdomäne! Nächste Jahr mache ich 20 Jahre Solo-Programm, da gibt’s nicht viele, die das von sich behaupten können.

Wieviel Prozent Männer, wie viele Frauen sitzen bei Ihnen im Publikum?

Bei mir sind sicher mehr Frauen, aber auch bei meinen männlichen Kollegen. Es sind aber generell mehr Frauen im Theater. Ich glaube Frauen sind kulturell interessierter. Warum das so ist, weiß ich nicht. Aber gottseidank schleppen sie ihre Männer mit.

Haben es Frauen nicht auch deswegen schwerer, weil Frauen anderen Frauen viel kritischer gegenüberstehen?

Überhaupt nicht! Ein männlicher Kollege könnte sich über Frauen nie so lustig machen wie ich es tue. Als Frau darf ich das. Frauen können über sich selbst auch wesentlich besser lachen als Männer.

Wenn man jungen Frauen heute zuhört, hat man manchmal das Gefühl, das Wort Emanzipation sei ein Schimpfwort geworden. Was läuft da falsch?

Das war doch schon immer so und ich werde es nie verstehen. Diese Frauen sollen das Wort mal googeln und schauen, was es heißt. Gleichgesetzt wir immer Emanze = Blaustrumpf = hässlich = Zicke. Zicke und Emanzipation haben aber nichts miteinander zu tun.

Sind Sie pro oder contra Binnen-I?

Ich bin dafür, weil es anders nicht fruchtet. Es wäre schön, wenn es nicht notwendig wäre, es ist aber notwendig.

Reden wir über Ihr neues Programm. Wie kam Ihnen die Idee dazu?

Da ich gerne reise, wollte ich immer schon etwas über Urlaub machen, wusste aber keine Rahmenhandlung. Schließlich kam mir die Idee, am Zoll erwischt zu werden und dann fiel Angelika Hager und mir auch relativ schnell der doppeldeutige Titel ein: Ausrasten. Dann ging es los.

Sind Sie wirklich schon mal vom Zoll erwischt worden?

Nein, nie. Ich habe aber mittlerweile auch alle gefälschten Handtaschen weggeworfen.

Haben Sie im Urlaub schon mal in der Früh mit einem Handtuch eine Liege reserviert?

Das muss man machen! Sonst hat man einfach keine Liege. Letztes Jahr war ich mit meinem Lebenspartner und seiner sehr großen Familie in der Türkei. Da war es so, dass einer jeden Tag für 18 Menschen Liegen reserviert hat, damit wir relativ nah beisammen liegen können.

Wer sind die „ungutesten“ Urlauber

Im Moment sind es pseudo-neureiche Russen. So etwas Lautes hab ich selten gesehen. Da ist der Deutsche glatt ein Flüsterer. Der Österreicher ist hingegen im Großen und Ganzen ein leises Volk. Der grantelt höchstens. Am liebsten habe ich aber nicht deutsch sprechendes Volk um mich herum. Da braucht man nicht darauf aufpassen, was man sagt.

Was machen Sie am liebsten? Kabarett? Theater? Film? Fernsehen?

Ich habe mich ans Kabarettspielen gewöhnt. Alles andere hat auch seinen Reiz, aber ohne Bühne kann ich mir ein Berufsleben nicht mehr vorstellen. Vor allem weil man da, im Gegensatz zum Film, direktes Feedback bekommt.

Im Oktober ist Premiere von „Ausrasten“. Wann fängt man an, sich Gedanken über das nächste Programm zu machen?

Ich fange mindestens ein Jahr vorher damit an. Im ersten Sommer freu ich mich, dass das Programm läuft, im zweiten Sommer mache ich nichts und dann fange ich langsam an zu überlegen, was ich im nächsten Sommer machen könnte.

Angelika Hager und ich haben beide eine Kabane an der Alten Donau. Dort genießen wir unsere Freizeit oft nebeneinander und dort können wir bei einem guten Achterl Wein rumtüfteln, was wir als nächstes machen können. Meistens kommt das Thema von mir, Angelika Hager hat aber die Gabe so zu schreiben, dass es aus meinem Mund stammen könnte. Wir haben eine gute Symbiose.

Neues Programm: Ausrasten
Ab 13. Oktober in der Kulisse
Weitere Termine auf www.andreahaendler.at
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