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Diskussionsteilnehmer bei der Top Speakers Lounge in Wien
Urs Weber, Rudolf Krickl, Michael Sponring, Matthias Nagler, Alexandra Reinagl, Frank Simon Aeschbacher und Alexander Riklin.
Urs Weber, Rudolf Krickl, Michael Sponring, Matthias Nagler, Alexandra Reinagl, Frank Simon Aeschbacher und Alexander Riklin.
ROBIN CONSULT/Lepsi

Debatte: Wege in die mobile Zukunft

19.04.2024 um 13:28, Rudolf Grüner
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Öffis oder doch Autos? Wie wir uns künftig in der Stadt bewegen werden, diskutierten Mobilitätsexperten im Rahmen der Top Speakers Lounge.

Stau und Stress: Der Individualverkehr stößt in den urbanen Zentren immer mehr an seine Grenzen stößt. E-Mobilität und smarte Transportlösungen sollen die Städte vor den Kollaps retten. Doch wohin, und wie, soll die Reise gehen? Und: Welche Stolperfallen könnten uns auf dem Weg dorthin noch ausbremsen? Fragen, die die Bevölkerung wie auch Experten herausfordern. Verkehrsexperten und Mobilitätsdienstleister wagten bei der Top Speakers Lounge der Handelskammer Schweiz-Österreich-Liechtenstein eine Weichenstellung. Am Podium trafen sich dazu Alexandra Reinagl, Vorsitzende der Geschäftsleitung Wiener Linien, Frank Simon Aeschbacher (CEO Swiss E-Mobility Group, Zürich), Matthias Nagler (ÖAMTC) und Michael Sponring (Territory Leader Energy, Utilities & Resources, PwC Österreich) zum Gedankenaustausch.

Öffi-Offensive

Für Reinagl ist es ausgemachte Sache, dass an den öffentlichen Verkehrsmitteln künftig kein Weg vorbeiführen wird. In ihrem Impulsvortrag strich sie heraus, dass Wien schon in den nächsten Jahren mit zwölf neuen U-Bahn-Stationen der neuen U5 das Öffi-Netz noch dichter takten könne. Bis zum Jahr 2040 sollen zudem alle 500 Meter ein WienMobil Sharing-Point verfügbar sein.

Parallel dazu entstehen mit den Linien 12, 18 und 27 auch neue Straßenbahnlinien. „Meine Vision: Wir werden die Straßenbahnhauptstadt der Welt. Die Straßenbahn ist eine Antwort auch für Pendler und wir setzen auf die neuesten Technologien. Natürlich würden wir auch gerne eine Straßenbahn ins Umland bauen, aber dafür braucht man Partner, und die sind noch offen“, so Reinagl.

Öffi-Ausbau bringt Großbaustellen

Der damit verbundene Ausbau wird die Bewohner aber noch vor größere Geduldsproben stellen. Reinagl: „Wir haben das Jahr des öffentlichen Verkehrs ausgerufen. Jährlich müssen drei Prozent des Schienennetzes erneuert werden. Das heißt, die Baustellen gehen sich im Sommer nicht mehr aus. Sie werden länger und größer, denn man reißt nicht erst die Schienen raus, dann kommt das Fernwärmenetz und dann der Kanal. Jetzt wird möglichst alles auf einmal gemacht und danach 15 Jahre nicht mehr angefasst.“

E-Autos nicht massentauglich

Weniger überzeugt ist die Öffi-Managerin von der individuellen E-Mobilität. Auch wenn in Zukunft 60 E-Busse der Wiener Linien den Emissions-Verbrauch senken sollen, sieht Reinagl in E-Autos kein klassisches Zukunftsmodell. „Man sollte etwas über Verzicht nachdenken. Daher steht Verkehr vermeiden an erster Stelle. Wenn das nicht geht, sollte er verlagert werden und letztendlich verbessert werden.“

Preisfrage

Bedenken meldete auch Michael Sponring an. Für ihn sind E-Autos für alle vor allem aus Energiesicht nur schwer vorstellbar. „Um den Verkehr von heute auf morgen umzustellen, bräuchte es mehr als die Hälfte des österreichischen Strombedarfs und eine Verdreifachung der Kapazität.“ Zudem sei der Preis für Elektroautos für Privatnutzer einfach zu hoch, so der Diskussionsteilnehmer. Hinzu würden der hohe Ladepreise von bis zu 90 Cent pro KWh kommen. Sponring: „Auch 2070 werden wir noch mit Verbrennungsmotoren fahren, wie der Bosch-Vorstand sagt. Da gebe ich ihm Recht.“ Technologieoffenheit ist für ihn daher das Gebot der Stunde.

Mehrlösungsstrategie

Matthias Nagler vom ÖAMTC warnt vor einem Schwarz-Weiß-Denken. Daher müsse man den öffentlichen Raum neu denken. Nachsatz: „Aber nicht überall einen Radstreifen hineinquetschen.“ Gefragt seien konkrete Konzepte. Diese zeigten, dass es möglich sei, die Interessen aller Verkehrsteilnehmer unter einen Hut zu bringen. „Menschen vom Autofahren abzuhalten, ist nicht die Lösung. Viel wichtiger sind Anreize, wie zum Beispiel der öffentliche Verkehr. Auch die meisten ÖAMTC-Mitglieder fahren in der Stadt mit öffentlichen Verkehrsmitteln“, so Nagler.

Mobiles Angebot für Unternehmen

Das Thema Angebot ist auch für Frank Simon Aeschbacher der Schlüssel zur Mobilität von morgen. „Das Angebot für die Mitarbeiter ist wichtig.“ Das könne ein Fuhrpark für den täglichen Bedarf sein, aber auch ein Fahrrad für den Weg ins Büro – eventuell als Leasingangebot. Er appelliert an Unternehmen sich hier ganzheitlich zu informieren und beraten zu lassen.

Fazit: Damit sich was bewegt, müssen sich alle bewegen!

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