Direkt zum Inhalt
Paul Scheibelhofer

Memes: Humor muss sein

12.03.2021 um 12:12, Alexandra Nagiller
min read
Auch Sie kennen sicher einige „Memes“ (Erklärung siehe unten). Verena Sperk und Paul Scheibelhofer forschen am Institut für Erziehungswissenschaft der Uni Innsbruck – und haben sich deren Verwendung während Corona näher angeschaut.

Memes, das sind lustige und kreative Bilder mit pointiertem Text, über die wir schon alle in unseren Handy-Nachrichten gelacht haben. Warum haben diese nicht ganz ernst gemeinten Nachrichten in Corona-Zeiten einen solchen Boom erlebt?

Paul Scheibelhofer: Memes schaffen es, in wenigen Worten Informationen auszutauschen und auszudrücken, wie es einem geht. Und das gemeinsame Lachen hat wahrscheinlich auch dabei geholfen, Erlebnisse und Unsicherheiten besser zu verarbeiten.

Verena Sperk: Corona ist eine unerwartete Extremsituation, mit der wir nicht umzugehen wussten. Viele waren mit ähnlichen Absurditäten im Alltag konfrontiert – Memes bringen das oft auf den Punkt und helfen, wieder Distanz zu gewinnen. Zudem haben wir es bei Corona mit einem globalen Ereignis zu tun – und viele Memes funtkionieren durch ihre popkulturellen Bezüge auch international.

Welche Memes haben das besonders gut geschafft?                

Paul Scheibelhofer: Ich denke da z.B. an die vielen Klopapier-Memes, etwa mit Männern mit Klopapier- Haarschmuck, die quasi ihren ganzen Stolz zeigen. Dieses Beispiel zeigt auch gut, dass hier gerne mit Klischees gespielt wird. Aber ich denke auch z.B. an das Bild einer Mutter im Homeoffice, die ihre Kids gefesselt hat. Das mag auch lustig klingen, öffnet gleichzeitig aber auch die Tür zu einem Gesellschaftsthema, das tabuisiert ist: Auch liebevolle Mütter sind frustriert und leiden unter dem Kontrollverlust. Man muss dennoch aufpassen: es ist gut, wenn solche Themen angesprochen werden, aber es besteht auch die Gefahr, dass einfache Antworten auf schwierige Fragen gegegeben werden – und das wird selten der Problematik gerecht. 

 Man hat das Gefühl, dass sich Memes im Laufe der Krise verändert haben.             

Verena Sperk: Ende 2020 war die Erschöpfung ein großes Thema. Schriftstellerin Stefanie Sargnagel hat es auf den Punkt gebracht: „Alles was uns 2020 noch retten kann,  sind Memes“. Mit Start 2021 war natürlich ein großes Thema, dass alles so weiter geht, ebenso wie die Maßnahmenkritik. Aber es hängt auch sehr stark vom sozialen Umfeld ab, welche Memes man erhält. 

Ist diese Art von Humor eine gute Bewältigungsstrategie?      

Verena Sperk: Lachen ist eine Art, mit solchen Situationen umzugehen. Tragisches und Komisches liegen ja auch oft eng beieinander. Und Lachen ist genauso wie Weinen eine Grenzsituation, die man nicht unter Kontrolle hat und die oft aus der Anspannung kommt. Es ist also nicht verwunderlich, dass man in dem Fall auf Humor zurückgreift.

Ihr Fazit der Untersuchung?     

Verena Sperk: Memes haben uns unterhalten und auch dabei geholfen, unsere „neue“ Normalität gemeinsam auszuhalten. Es wurden aber auch (Geschlechter-)Normen infragegestellt – das hat aber Grenzen, oft wurden Klischees auch bestätigt. Und Memes bieten dadurch, dass sie so einfach hergestellt und geteilt werden können, die Möglichkeit, sich an politischen Debatten zu beteiligen.                 

 

Veranstaltungstipp:

Tagung „Feministisches Lachen. Geschlechtertheoretische Perspektiven auf Komik, Humor und Lachen“
17. bis 18. Juni 2021,
www.uibk.ac.at/iezw/feministisches-lachen/

more