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Conny Engl

Bilder des Grauens

26.01.2018 um 09:19, Conny Engl
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Sie verfolgen mich. Sie machen mich wütend und vor allem sehr traurig. Bilder von frierenden, hungernden Kätzchen im Pappkarton, von Tieren, denen Körperteile weggeschnitten wurden …Wie kann man nur?

Es war zu befürchten. Und es "geschah" wieder. Obwohl das Wort "geschah" dafür viel zu passiv ist. Denn Menschen machen das aktiv. Am aktivsten kurz nach Weihnachten.

Freitag, 29. Dezember 2017: In einer Wohnsiedlung in der Stadt Salzburg bemerkt eine Frau jämmerliches Miauen. Neben einer Mülltonne entdeckt sie einen zugeklebten Karton. Darin befinden sich neun Katzen, darunter drei Katzenbabys. Noch einmal: Der Karton war zugeklebt! Die Kätzchen hatten also kein Tageslicht und kaum Luft zum Atmen!

Mittwoch, 24. Jänner 2018, 2:30 Uhr: Eine Zeitungszustellerin hört bei einer Tankstelle in Kerschham (Bezirk Braunau, Oberösterreich) verzweifelte Katzenlaute. In einem Karton findet sie drei vorwiegend weiße Katzen – eine Mutter mit ihren zwei Katzenjungen. Einfach ausgesetzt. Abgelegt wie Müll. Obwohl der Tierschutzhof "Pfotenhilfe" in Lochen nur etwa acht Kilometer entfernt ist. Seit Weihnachten wurden allein in diesem Tierschutzhof insgesamt 14 ausgesetzte bzw. abgegebene Katzen aufgenommen.

Kalte Herzen

Wenn ich so etwas lese, frage ich mich: "Wer macht so etwas?" Ernsthaft. Wie herzlos kann ein Mensch sein, wenn er kleine, unschuldige Lebewesen in einem Karton neben Mülltonnen aussetzt - so als wären sie Altpapier, das entsorgt gehört. Sie zurücklässt in eisiger Kälte, ohne Wasser oder Fressen, dann vielleicht auch noch in einem zugeklebten Karton, in dem sie kaum Luft bekommen, geschweige denn sich befreien können. Werden sie nicht gefunden, hören die kleinen Herzen irgendwann einfach auf zu schlagen.

Beim Wort "Tierquälerei" denke ich nicht gerade zuerst an ausgesetzte Tiere, aber natürlich fällt auch solch eine Gräueltat darunter. Doch es geht noch heftiger. Vor ein paar Monaten habe ich einen Nachrichtenbericht im Fernsehen gesehen: Darin zeigten sie einen freilaufenden Kater, dem die Ohren weggeschnitten wurden. Ja, richtig gehört! Einfach so aus Jux und Tollerei … Ich konnte es nicht fassen. Das Bild von dem misshandelten Kater verschwamm vor mir, meine Augen standen unter Wasser.

Bilder im Kopf

Kürzlich habe ich per WhatsApp ein Video bekommen: Darin sieht man, wie eine Katze an den Blättern einer Marihuana-Pflanze knabbert. Danach versucht sie aufs Bett zu springen, sie landet aber kurz vor der Bettkante am Boden, völlig desorientiert und betäubt von der Droge. Wenn ich so etwas sehe, brodelt es in mir vor Wut. Abgesehen von dem Tierquäler, der dieses Video gemacht hat, muss ich an die zahlreichen Menschen denken, die das Video bekommen und sich voll abfetzen, weil die Katze so "düt" ist. Super lustig, ja.

Wenn ich meine Facebook-Startseite entlang scrolle, tauchen manchmal Fotos von abgemagerten bzw. schwer misshandelten Tieren auf. Ich muss dann meist sofort wegschauen oder die Augen schließen und scrolle schnell weiter oder schließe Facebook gleich ganz. Ich finde es gut bzw. wichtig, dass Tierquälerei aufgezeigt wird, aber ich schaffe es manchmal einfach nicht, mir solche Bilder anzusehen oder den Leidensweg des Tieres durchzulesen. Das Bild von dem Kater, der nun keine Ohren mehr hat, die Fotos von den ausgesetzten Kätzchen, Filme von abgemagerten, kranken Streunerkatzen, um die sich keiner kümmert … das alles verfolgt mich teilweise bis in meine Träume.

Nur noch schnell die Welt retten

Manchmal schäme ich mich dafür, dass ich bei so schrecklichen Bildern wegsehen muss und ich bewundere andere, die sich damit mehr auseinandersetzen und sich für misshandelte oder traumatisierte Tiere engagieren. Aber ich bin zu dem Schluss gekommen: Ich kann von mir nichts abverlangen, was mir selbst nicht gut tut. Schuldgefühle bringen weder mir noch den Tieren etwas. Ich kann Tierquälerei nicht stoppen, aber ich kann darüber schreiben und meinen Katzen ein schönes Leben bieten.

Weekend-Redakteurin Conny Engl ist seit einigen Monaten Katzenmama. Ella und Carlos heißen ihre beiden Mitbewohner, wobei sie scherzhaft einräumt, dass mittlerweile eher sie die Mitbewohnerin ist als umgekehrt. Auf weekend.at teilt sie ihre Erfahrungen und Erlebnisse und vieles mehr rund um das Thema Katzenhaltung.

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