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Bus statt Wohnung: voll im Trend
Bus statt Wohnung: voll im Trend
Click_and_Photo/iStock/Getty Images Plus/Getty Images

#Vanlife: Warum immer mehr Menschen im Bus leben

01.07.2019 um 16:18, Stefanie Hermann
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Anschnallen, Motor starten, frei sein: Kaum ein Hashtag verkörpert ein Lebensgefühl so gut wie #Vanlife. Eine neue Generation Aussteiger hat ihr Leben auf vier Räder verlegt.

Einsame Klippen, malerische Landschaften und pittoreske Dörfchen im eigenen Takt erkunden. Jeden Tag woanders aufwachen – und trotzdem immer im eigenen Bett schlafen. Mit dem Laptop auf den Knien, den Zehen im Sand und Blick aufs Meer arbeiten. Was bei vielen Fernweh weckt, haben Vanlifer zu ihrem Lebensstil gemacht. Unter dem Hashtag #vanlife teilen sie auf Instagram Bilder aus ihrem Leben, dessen Mittelpunkt sie in ihre fahrbare Behausung verlegt haben. Mehr als fünf Millionen Beiträge sind es mittlerweile. Und täglich wächst die Community der modernen Nomaden. Aber: Wer sich für einen Leben auf vier Rädern entscheidet, muss bereit sein, Besitz hinter sich zu lassen. Eine, die diesen Schritt gewagt hat, ist Mandy Raasch.

Wanderlust statt Wohnung

Raasch ist 40 und reist seit mittlerweile drei Jahren mit Van und Hund Marko quer durch Europa. Ihre Wohnung in Berlin hat sie aufgegeben, Hab und Gut verkauft oder verschenkt. Nur das Nötigste hat sie behalten. Auf gut zehn Quadratmeter spielt sich ihr Leben nun ab. Neben ihrem Brotjob als Webdesignerin betreibt sie den Vanlife-Blog movingroovin.de. Was diesen Lebensstil so besonders macht? "Ich kann spontan sein, kann Pläne schmieden und wieder über den Haufen werfen, und ich entdecke ganz nebenbei wunderschöne Ecken dieser Welt“, schreibt Raasch. „Diese Kombination ist unschlagbar."

Filterlose Realität

Vanlife ist aber mehr als ein Camping­urlaub. Der Tausch der Wohnung gegen Freiheit hat seinen Preis. Was auf Instagram romantisch-verwegen aussieht, kann im echten Leben ganz schön ungemütlich sein. Das fängt bei alltäglichen Dingen wie Wäschewaschen an, geht über das Leeren der Camping-Toilette und endet beim Bestreiten des Lebensunterhalts. "Die nüchterne Realität: Nein, ich bin nicht im Dauerurlaub, sondern muss mir ganz normal mein Geld verdienen, um weiter reisen zu können", so Raasch. Mühsam gestaltet sich mitunter auch die Suche nach einem passenden Stellplatz.

Komplizierte Freiheit

Apps wie CamperContact und Park4Night verraten die Koordinaten besonders schöner oder sicherer Freistellerplätzchen. Ein beliebtes Ziel der Community ist Skandinavien. Das dort geltende Jedermannsrecht gestattet das Campieren in der Wildnis und auf Privatgrundstücken. Formal umfasst es lediglich die Übernachtung im Zelt. Vans und Wohnmo­bile werden in der Regel aber toleriert. Achtung: Im Großteil Europas ist das freie Stehen unter Strafe verboten. "Erlaubt ist es fast nirgendwo, aber an vielen Orten wird das Freistehen geduldet", so Raasch. Ein No-Go sind dann aber Campingmöbel, Markisen, Griller oder Ähnliches.

Basic bis Luxus

Gut gerüstete Vanlifer sind darauf aber ohnehin nicht angewiesen. Während manche Vans lediglich mit einer Matratze ausgestattet sind, beherbergen andere Doppelbett, Küche und WC – eigene Stromversorgung, Heizung und Dusche inklusive. "Im Laufe meiner Tätigkeit habe ich alle möglichen Umbauten gesehen", sagt Michael Lechner von der Leobersdorfer Van-Werkstatt Schlafwagen. "Ein Trend ist sicher, den einst geschundenen Lieferwagen zu einem Freizeitfahrzeug umzubauen, allen voran – schon allein wegen des Kultfaktors VW Bus." Die Kosten dafür variieren je nach Umbauwunsch. Lechner: "Nach oben hin sind keine Grenzen gesetzt." Wer nicht zu großen finanziellen Zugeständnissen bereit ist, aber auch einmal Vanlife-Luft schnuppern möchte, für den gibt es gute Nachrichten: Fertig umgebaute Vans kann man mittlerweile auch mieten.

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