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Die Stadt kann uns isolieren
Die Stadt kann uns isolieren
Astarot/iStock/Thinkstock

Depressiv und einsam: So krank macht uns die Stadt

05.04.2021 um 23:11, Isabel Folie
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Wer in einer Großstadt wohnt, hat ein um bis zu 40 Prozent höheres Risiko, an einer Depression zu erkranken. Wie kann man sich davor schützen und trotz Stadtlärm und Autoabgasen lächelnd durch die Häuserschluchten wandern?

Nirgends gibt es so viele Menschen und Möglichkeiten wie in modernen Metropolen. Und dennoch fühlen sich genau hier die Menschen oft am einsamsten. Und mit dem Gefühl von Einsamkeit ist nicht zu spaßen, denn es kann uns sogar körperlich krank machen.

Mehr psychische Krankheiten

Forscher fanden heraus, dass Menschen, die in Großstädten leben, ein bis zu 40 Prozent höheres Risiko haben, an Depressionen zu erkranken, und dreimal so häufig eine schizophrene Erkrankung entwickelten, als Bewohner von Kleinstädten oder ländlichen Gegenden.

Stressempfindlicher

In der Stadt ist immer was los: Konzerte, Kino, Menschenmassen, Autos, Lokale, Lichter, Lärm. Irgendwann kann das alles zu viel werden. Und das Gehirn von Städtern reagiert auf solchen Stadtstress sogar noch empfindlicher als das Hirn von am Land lebenden Menschen. Können die einfach mehr wegstecken? Nicht unbedingt, wichtig ist, dass man als Stadtbewohner immer die Möglichkeit zum Rückzug hätte. Sagen zu können: "Mir reicht's, ich geh jetzt", schenkt einem ein Gefühl von Kontrolle. Doch was tun, wenn vor dem Fenster die dreispurige Straße liegt. Rückzug? Undenkbar. Besonders in solchen Zwangssituationen kann einem die Stadt auf die Pelle rücken und ihre unangenehmen Seiten zeigen.

Anonymität macht krank

Mein Nachbar?

Seien Sie ehrlich: Kennen Sie ihren Nachbarn? Nur vom Sehen gilt nicht. Beim Namen. Was macht er oder sie? 80 Prozent müssen diese Frage mit nein beantworten, alles was man vom Nachbarn weiß ist, ob er so nett war das Paket für einen anzunehmen oder nicht. Ein kurzes "Danke" bei der Übergabe ist dann auch schon meist der kommunikative Höhepunkt des Nachbarschaftsverhältnisses.

Laute Einsamkeit

Städte sind laut und Städte sind anonym: Kein Wunder, wenn da der Stresspegel steigt. Dabei ist aber nicht die Stadt das Übel an sich, sondern unser Umgang damit. Denn nirgendwo sonst gibt es so viele Menschen und Möglichkeiten wie in einer Stadt. Man muss sie nur nutzen und sich nicht zu Hause verschanzen, nachdem man einen anstrengenden Stadtspaziergang (Ampel rot, grün, ach nein, doch wieder rot, hätte man doch lieber die U-Bahn genommen – aber ob da alle das Essverbot respektiert hätten?) unternommen hat.

Zieht man sich immer mehr in seine eigenen vier Wände zurück, nimmt die Einsamkeit stetig zu, mit dem Ergebnis, dass man sich noch mehr von der Außenwelt isoliert.

Das ist aber der schlimmste Fehler, den man machen kann, denn noch viel mehr als Straßenlärm und Kerosinregen stresst uns Menschen die soziale Isolation.

Gegensteuern

Wichtig für die psychische Gesundheit ist es, bereits bei den ersten Anzeichen gegenzusteuern. Wer bemerkt, dass er immer schlechter schläft, reizbarer ist und vermehrt dazu neigt, sich zurückzuziehen, sollte das Gegenteil machen und rausgehen.

Ausflüge in der Natur, schweißtreibende Sporteinheiten und vor allem das Treffen mit anderen Menschen sind das Um und Auf für ein ausgeglichenes Leben in der Stadt.

Raus an die frische Luft

Singles aufgepasst

In den Städten leben mehr Singles als auf dem Land. Da sind gewiss einige darunter, mit denen man eine angenehme Zeit verbringen kann. Ob die ganz große Liebe dabei ist oder nicht sei dahingestellt, wichtig ist, dass man außer Haus kommt und Neues kennenlernt. Wer sich gleich beim ersten Date verguckt hat, sollte auch nicht allzu traurig sein, wenn es nicht klappt, denn Singles in Großstädten sind tendenziell wählerischer (bei der großen Auswahl) und bleiben lieber Single, als sich in eine Beziehung zu stürzen, von der sie nicht vollends überzeugt sind.

Auf dem Land hingegen macht man eher mal Nägel mit Köpfen, da die Auswahl an potenziellen Partnern nicht so groß ist, ist man auch eher bereit Abstriche zu machen.

In der Stadt ist man nicht lange allein

Realer Kontakt

Wichtig für die psychische Gesundheit ist der reale Kontakt mit Menschen. Es hilft nicht viel, wenn man verschiedene Nachbarschaftsapps auf sein Handy runterlädt und sich dann doch nie eine Leiter oder Ähnliches ausleiht. Man muss auch nicht unbedingt den eigenen Nachbarn kennenlernen. Doch wie wäre es, mal beim Straßenfest um die Ecke vorbeizuschauen, gewiss lernt man interessante Menschen kennen. Oder im Museum ein Gespräch zu beginnen (klappt besser als im dunklen Kinosaal). Und wieso nicht beim Kaffee in der Lieblingsbar schauen, was der Tischnachbar für eine Zeitung ließt und ihn einfach darauf ansprechen? Was soll schon schiefgehen, die meisten Leute freuen sich über ein Gespräch.

Angst davor, allein unterwegs zu sein, braucht man in einer Stadt nicht zu haben (natürlich sollte man um 5 Uhr morgens aufpassen, dass man sicher nach Hause kommt), aber falsche Schüchternheit am helllichten Tag ist nicht angesagt. Denn in einer Stadt findet sich gewiss immer irgendwo jemand, der auch allein unterwegs ist und froh ist, genau Sie als Gesprächspartner gefunden zu haben.

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