Direkt zum Inhalt
Ideale ändern sich
Ideale ändern sich
gpointstudio/iStock/Thinkstock

Schönheitsideale und Konfektionsgrößen im Wandel der Zeit

08.04.2021 um 07:25, Isabel Folie
min read
Dank der vielen Grillfeste im Sommer ein wenig zugelegt? Macht nichts, immerhin trug selbst Marilyn Monroe Größe 42 – oder? Ob das wirklich stimmt und wie eng heutzutage ein Kleid von Marilyn sitzen würde, lesen Sie hier.

Schönheitsideale ändern sich: Galt bei den Ägyptern eine katzenhafte Gestalt als Ideal, mochten es die Griechen und die italienische Renaissance gerne etwas üppiger. Bis 1900 wurden die Damentaillen dann mithilfe eines Mieders rank- und schlank geschnürt, in den 20er-Jahren waren flachbrüstige Frauen begehrenswert. In den 30-er bis 50-er Jahren wurde wieder auf Rundungen gesetzt, gefolgt vom Trend der dürren Magermodels. Die Hungerhaken wurden von sportlich trainierten Frauen abgelöst, nur um erneut im sogenannten "heroin chic" zu enden. Wo stehen wir heute? Auf den Laufstegen der Welt findet man immer noch extrem untergewichtige Models, doch es ist auch ein Gegentrend erkennbar, der Wunsch nach Natürlichkeit und einem Mindestgewicht wird laut.

Durchschnittliche Konfektionsgröße ändert sich

Mit dem Schönheitsideal ändert sich auch die durchschnittliche Konfektionsgröße. Heutzutage tragen Models Größe 36 oder kleiner. Damit sind diese Frauen um 23 Prozent leichter als die normale Durchschnittsfrau, die am meisten verkaufte Kleidergröße in Österreich ist Größe 42. Die Modepuppen allerdings haben Kleidergröße 32. Und da wundert man sich noch, dass der eigene Po das Kleid (zum Glück!) ausfüllt?

Kluft vergrößert sich

Die Kluft zwischen Durchschnittsfrau und Vollzeit-körperfixierten-Models wird immer größer. Vor 100 Jahren waren die Models zwar auch dünner als der Rest der Gesellschaft – allerdings nur um acht Prozent. Das Ideal zu der Zeit: Konfektionsgröße 44. Doch kann man ein Kleid Größe 44 aus den 20er-Jahren mit einem heutigen vergleichen, oder haben sich Proportionen und Größenbezeichnungen grundlegend geändert?

Regionale Unterschiede

Auch wenn sich auch heutzutage die Größenangaben der einzelnen Länder unterscheiden – eine 12 in den USA ist eine 42 in Europa – so gibt es dennoch einheitliche Konfektionsgrößen und Umrechnungstabellen. Doch so ganz kann man sich darauf nicht verlassen. Die Modekette "H&M" beispielsweise hat beim idealen Körperbild eher großgewachsene Schweden vor Augen, hier fällt eine 38 größer aus, als beispielsweise beim Modelabel "Mango".

Hellblau, gelb oder rot?

Vor rund 70 Jahren jedoch hatte teilweise jedes Geschäft ein eigenes Größensystem, in Berlin beispielsweise wurden die Größen mit Farben angegeben: Blau trugen junge, zarte Mädchen, rot und grün die etwas betagteren Frauen und gelb entsprach der Größe der normalen Durchschnittsfrau.

Erst seit 1957 finden standardisierte Messungen statt, bei denen tausende Männer, Frauen und Kinder vermessen werden. Was dabei auffällt? In den letzten Jahrzehnten wurden die Menschen immer größer und größer.

Trug Marilyn Monroe 42?

Oft heißt es, Marilyn Monroe, eine der erotischsten Frauen, trug die amerikanische Konfektionsgröße 12, also eine 42 in Europa. Sie trug in der Tat eine 42, allerdings fiel die zur damaligen Zeit ein wenig anders aus als heutzutage.

Wer heute ein Kleidungsstück in Größe 42 schneidert, geht von einer Oberweite von 94-97 cm, von einem Taillenumfang von 78-81 cm und von einem Hüftumfang von 102-104 cm aus. 1950 hingegen betrug die Oberweite bei Konfektionsgröße 42 92 cm, der Taillenumfang betrug 71 cm und der Hüftumfang 99. Das sind doch einige Zentimeter Unterschied!

Und auch wenn man den BMI von Marilyn Monroe betrachtet, sieht man, dass sie alles andere als mollig war: Bei einer Größe von 1,66 Metern wog sie zarte 53 Kilogramm, ihr BMI betrug damit 19: Idealgewicht, allerdings nicht allzu weit vom Untergewicht entfernt.

Mollig gemogelt

Die Filmstudios waren allerdings alles andere als begeistert, dass Monroe so ein Leichtgewicht war. Die persönliche Schneiderin von Marilyn Monroe rechnete mit den Maßen 89 – 56 – 89. Das Filmstudio jedoch kommunizierte nach Außen die Maße 94 – 58 – 91.

Berühmte Fotos, die tatsächlich eine mollige Marilyn zeigten, entstanden, als sie schwanger war. Da Marilyn Monroe nie Mutter wurde, allerdings einige Abtreibungen und Fehlgeburten hatte, neigt man dazu, zu vergessen, dass sie sich auch schwanger hat ablichten lassen.

Die Gesellschaft wird dicker

Verglichen mit einer Frau, die 1980 lebte, bringt eine heute lebende Frau rund fünf Kilo mehr auf die Waage. Die zusätzlichen Pfunde lagern sich meist an der Taille an, doch auch die durchschnittliche BH-Größe ist in den letzten Jahren von A auf C angestiegen.

Die Herren sind von der Gewichtszunahme nicht ausgenommen, sie haben in den letzten 30 Jahren vier Kilo zugelegt.

Problematisch ist die Situation bei Kindern, in den letzten 40 Jahren stieg die Zahl der übergewichtigen von 2,8 auf 11,3 Prozent bei den Buben und von 1,6 auf 6,1 Prozent bei den Mädchen.

Alles ändert sich

Was kann man aus diesen Betrachtungen lernen? Dass Schönheitsideale einem Wandel unterworfen sind und es einem eigentlich egal sein sollte, ob eine Marilyn Monroe nun Kleidergröße 34 oder 42 trug. Denn im Grunde passte auch sie nicht ganz in das Schönheitsideal ihrer Zeit und die Filmstudios mussten sie molliger schummeln. Wer weiß, ob der hart antrainierte Sixpack oder die diszipliniert angehungerten Storchenbeine in den kommenden Jahren überhaupt noch erwünscht sind?

Innere Werte

Ist es da nicht sinnlos, sich und seinen Körper jedem Trend zu unterwerfen und wäre es nicht viel erstrebenswerter, sich in seinem Körper einfach wohlzufühlen? Denn ob schlank, kurvig, Verkäuferin für Damenmode, Mitarbeiterin im Callcenter oder Marilyn Monroe, eines haben wir alle gemeinsam: Schönheitsideal hin oder her, wahre Schönheit kommt stets von innen.

more