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Nichts passt? Jammern macht es aber auch nicht besser
Nichts passt? Jammern macht es aber auch nicht besser
golubovy/iStock/Thinkstock

Raunz nicht! Jammern ist schlecht fürs Gehirn

11.05.2021 um 04:55, Isabel Folie
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Das Wetter ist schlecht, der Kaffee dünn, Kopfweh hat man auch, kurz: Alles ist schlecht und man jammert vor sich hin. Das ärgert nicht nur die Mitmenschen, sondern wirkt sich auch nachteilig auf das Gehirn aus.

Es stimmt schon, man sollte belastende Gefühle nicht runterschlucken, irgendwann schlägt das auf den Magen. Aber sich ständig zu beklagen und an allem etwas auszusetzen haben, ist auch nicht der richtige Weg. Denn wer dauernd am Nörgeln ist, verändert so seine Hirnstruktur. Und das nicht zum Positiven!

Wieso jammern wir?

Wer jammert, der will eigentlich nichts ändern, sondern einfach ein wenig Aufmerksamkeit. Wie viel wir jammern, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Bekam man von den Eltern nur dann Aufmerksamkeit, wenn man etwas zu beklagen hatte? Erheischt man im Büro durch gezielt eingesetztes Jammern mitleidige Blicke von den Kollegen, die wie Balsam für die Seele wirken? Ist dies der Fall, dann hat man sich Jammern als Strategie zurechtgelegt, um Aufmerksamkeit zu erreichen. Manchmal jammern wir aber auch, ohne dass es uns überhaupt bewusst ist. In diesem Fall haben wir es – leider – geschafft, unser Gehirn umzuerziehen und auf Autopilot zu stellen. Denn ständiges Nörgeln wirkt sich negativ und nachhaltig auf unser Hirn aus.

1. Jammern wird zur Routine

Das Gehirn lernt, leider aber auch negative Verhaltensweisen. Wer jammert, erzieht sein Gehirn sozusagen dazu, immer mehr und immer routinierter weiterzujammern. Der Grund dafür ist, dass das Gehirn möglichst effizient arbeiten möchte. Damit dies gelingt, werden Muster gebildet, die dann einfach und schnell abgerufen werden können. Das Jammern wird vom Gehirn also als Muster abgespeichert und bei jeder sich bietenden Gelegenheit (Stau, das Wetter, das Zwicken im Rücken) herangezogen. Je öfter wir negativ denken, desto ausgeprägter werden die Verbindungen zwischen den Synapsen und desto schneller kann das Gehirn diese Verhaltensweise abrufen. Irgendwann haben sich diese Verbindungen so verfestigt, dass das Hirn negative Gedanken viel schneller parat hat, als positive. Das Ergebnis: Wir jammern unkontrolliert vor uns hin, ohne dass es uns eigentlich wirklich bewusst ist.

2. Jammern bedeutet Stress

Das passt nicht, das mag ich nicht, oh, ich bin ja so bemitleidenswert. Wenn man den ganzen Tag solchen Gedankenmustern ausgesetzt ist, bedeutet das Stress. Der Cortisolspiegel im Körper steigt an und damit auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Bluthochdruck. Auch das Immunsystem wird heruntergefahren und man ist anfälliger für Infekte und an einen erholsamen Schlaf ist auch nicht mehr zu denken (darüber könnte man sich dann ja auch gleich beschweren).

Doch nicht nur das eigene Quengeln ist schlecht für die Gesundheit, auch das Jammern von anderen Menschen ist gesundheitsschädlich. Wer in seinem Umfeld so einen Jammerkönig hat, der wird von diesem mit seiner schlechten Laune angesteckt und wird so ebenfalls gestresst. Manche Menschen nutzen das ständige Beschweren aber auch dafür, andere zu beeinflussen und zu manipulieren. Kommt unser Partner von der Arbeit nach Hause und beklagt sich darüber, wie anstrengend der Tag war und wie viel Stress er hatte, fühlen wir uns schnell dazu verpflichtet, ihm etwas Gutes zu tun – egal, wie anstrengend unser eigener Tag war. Wer lauter raunzt, bekommt Zuwendung und Mitleid. Das ist nun wirklich ein beklagenswerter Zustand, denn so fixiert man seinen Blick auf das Negative und sieht all die schönen Dinge gar nicht mehr.

3. Jammern macht vergesslich

Eine Studie konnte zeigen, dass durch notorisches Jammern der Hippocampus schrumpft, mit dem Ergebnis, dass wir vergesslicher werden. Besonders im Alter ist ein intakter Hippocampus wichtig, da Alzheimer zuerst diesen Bereich des Hirns schädigt.

4. Jammern macht einsam

Nicht nur das Hirn leidet unter dem ständigen Nörgeln, auch das eigene Sozialleben wird nicht gerade positiv beeinflusst. Wer verbringt schon gerne seine Zeit mit jemandem, dem sowieso nie etwas recht ist? Solche Menschen können unter Umständen wirklich vereinsamen. Durch diese Isolation steigt die Gefahr, an einer Depression zu erkranken. Bei solchen Aussichten könnte man direkt wieder losjammern …

Doch wie kann man sein Gehirn wieder umerziehen? Ganz einfach: Seinen Blick auf die positiven Dinge lenken und Dankbarkeit zeigen. Das Gehirn verändert sich so nach und nach und bald schon zieht es nicht mehr das Nörgeln als erste Strategie heran und man sieht wieder all die positiven Dinge im Leben. Das Wetter ist bewölkt? Fein, kann man die Sonnenbrille mal zu Hause lassen. Der Kaffee nur eine dünne Brühe? Auch gut, kann man eben mehr davon trinken.

Und was tun, wenn der Arbeitskollege einfach nicht aufhört sich zu lamentieren? Anstatt darüber zu jammern, wie anstrengend dieser Kollege doch nicht ist, sollte man mit gutem Beispiel vorangehen – denn auch positives Denken wirkt ansteckend!

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