Eskalation: Konflikt um SPÖ-Chefsessel spitzt sich zu
Der SPÖ-Führungskonflikt ist neuerlich eskaliert. Nach Informationen der APA konnte sich das Präsidium nicht einigen, wie man mit dem gestern ausgewerteten Mitgliedervotum umgeht. Damit muss nun am Nachmittag der Vorstand entscheiden, ob es zu einer Stichwahl der Mitglieder verbunden mit einer Verschiebung des Parteitags kommt oder das eigentlich vorgegebene Prozedere mit nur einem Parteitag kommende Woche durchgezogen wird.
Kurswechsel der Wiener Genossen
Dem Vernehmen nach hatte die Wiener Partei plötzlich der Stichwahl das Wort geredet, die sie bis dahin stets abgelehnt hatte. Der Parteivorstand hatte ja nach viel hin und her einen klaren Pfad vorgegeben, der vorsah, dass auf die Mitgliederbefragung ein außerordentlicher Parteitag folgen soll, der formal die Entscheidung trifft. Diesen Beschluss nimmt man nun offenbar nicht mehr wirklich ernst, nachdem das Ergebnis der Befragung äußerst knapp ausgegangen ist und mit Pamela Rendi-Wagner die favorisierte Kandidatin der Wiener Partei quasi ausgeschieden ist. Dem Vorstand wurde ein Antrag vorgelegt, ob eine Stichwahl stattfinden soll.
Babler will antreten
Auf diese drängt Babler seit Wochen. Nach seinem gestrigen zweiten Platz hat der Traiskirchener Bürgermeister Lunte gerochen und schon vor dem Präsidium, das zwei Stunden länger als geplant dauerte, gemeint: "Schau' ma mal, ob es einen Parteitag gibt." Nach der Sitzung meinte er, er werde jedenfalls kandidieren. Ob Hans Peter Doskozil, Sieger der Mitgliedsbefragung, auch kandidiere, müsse man diesen fragen. Dieser gab kurz darauf auch schon die Antwort: Er werde "mit Sicherheit" antreten. Davor hatte es Gerüchte gegeben, dass er mit seinem Rückzug gedroht habe, sollte das eigentlich festgeschriebene Prozedere ausgehebelt werden und eine Stichwahl stattfinden.
Schlechte Stimmung
Wie das Duell der Modelle im Vorstand ausgeht, ist schwer zu sagen - im Wesentlichen lautet der Zweikampf (mit Ausnahmen) Wien gegen die Bundesländer. Durchaus realistisch scheint die Aussage des Tiroler Vorsitzenden Georg Dornauer: "Es bleibt spannend." Zur Sitzung des Präsidiums waren Vertrauensleute der Kandidaten wie Max Lercher seitens Doskozils oder Julia Herr seitens Bablers herangezogen worden. Doch das fruchtete ebenso wenig wie diverse Einzelgespräche. Die Stimmung nach dem Präsidium war spürbar schlecht. Hinter den Kulissen verwendeten Funktionäre beider Seiten nicht druckreife Ausdrücke.
Rendi-Wagner ist draußen
Bei einem Parteitag hätte Doskozil wohl auch mit Babler als Gegenkandidat die besseren Chancen. Ein Mitglieder-Entscheid könnte Babler in die Hände spielen. Dementsprechend verfolgen beide Kandidaten jeweils den Pfad, der ihnen erfolgversprechender erscheint. Fix ist, dass Rendi-Wagner weder bei einer Stichwahl noch am Parteitag kandidieren wird. Sie hat dem Vorstand noch einmal die Beweggründe für ihren Abschied erläutert und wurde mit viel Beifall bedacht. In einzelnen Wortmeldungen wurde auch bedauert, dass ihr in den vergangenen Jahren nicht ausreichend Unterstützung zu Teil geworden war.