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Georgia Meloni
Die Vorsitzende der Brüder Italiens (Fratelli d'Italia), Giorgia Meloni, bei einer Wahlkampfveranstaltung in Genua, Italien, 14. September 2022. I
Die Vorsitzende der Brüder Italiens (Fratelli d'Italia), Giorgia Meloni, bei einer Wahlkampfveranstaltung in Genua, Italien, 14. September 2022. I
Massimo Lovati / AGF / picturedesk.com

Portrait: Das ist Giorgia Meloni

22.09.2022 um 11:59, Klaus Schobesberger
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Giorgia Meloni dürfte Italiens erste Regierungschefin werden. Mit ihrer Mitte-Rechts-Allianz hat sie die Wahlen für sich entschieden. Warum kommt sie so gut an?

Italien hat gewählt: Georgia Meloni dürfte die Neuwahlen mit ihrem Rechtsbündnis allen Hochrechnungen nach gewonnen haben. Die 45-Jährige Römerin, von deutschen Medien als "blondes Gift" und "Mussolinis Erbin" bezeichnet, leitet die Partei der "Brüder Italiens" (Fratelli d'Italia). Eine Regierungschefin wäre ein ganz großes Ding bei unseren südlichen Nachbarn. Denn in noch keiner der fast 70 Vorgängerregierungen der "Repubblica Italiana" hatte eine Frau jemals das Sagen. Dass nun laut Umfragen gerade eine Aufsteigerin aus dem rechten Lager die erste Ministerpräsidentin Italiens werden soll, ist besonders peinlich für progressive Parteien Italiens, die so etwas in mehr als sieben Jahrzehnten nicht geschafft haben. Ob denn der Sieg Melonis auch ein Sieg des Feminismus wäre, darüber wird im ganzen Land vor allem in intellektuellen Zirkeln leidenschaftlich debattiert. Melonis Bündnispartner sind Matteo Salvini (Lega Nord) und ausgerechnet der 85-jährige Silvio Berlusconi (Forza Italia), dessen Macho-Gehabe die italienische Politik jahrelang geprägt hat.

>>> Rechtsruck in Italien: Meloni fährt Erdrutschsieg ein

Der steile politische Aufstieg Melonis

Warum haben so viele italienische Bürger an, Georgia Meloni gewählt? "Italiener sind bei Wahlen wie eine Stichflamme. Die Begeisterung ist schnell da, flaut aber auch rasch wieder ab", sagt der österreichische Generalkonsul Clemens Mantl in Mailand. Das Besondere an der Ex-Journalistin sei auch ihre Sprache, die sich stark von der aggressiven Rhetorik eines Matteo Salvini unterscheidet. Sie hat eine männliche Rhetorik, ist aber nicht auf Krawall gebürstet. Sie gibt sich im Wahlkampf als "eine aus dem Volk" und als verantwortungsvolle Politikerin, die jede Menge Experten um sich scharen konnte. Die aus einfachen Verhältnissen stammende Meloni kann nicht die lange Karriere eines Mario Draghi an Universitäten, in Wirtschaft und Politik aufweisen. Sie jobbte im Gastgewerbe oder als Babysitterin, engagierte sich früh politisch, wurde mit 29 Jahren Vizepräsidentin der Abgeordnetenkammer und war jüngste Ministerin der italienischen Nachkriegsgeschichte. Vor zehn Jahren gründete sie schließlich mit den Fratelli d'Italia (FdI) ihre eigene Partei. In der EU gilt die Wahl in der drittgrößten Volkswirtschaft als richtungsentscheidend. Ein Wahlsieg Melonis wird von politischen Beobachtern als Gefahr für eine weitere "Orbanisierung" Europas betrachtet. Motto: Nationale Interessen gehen vor EU-Interessen.

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