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Weekend Magazin

Ansteckend! Der Porsche Panamera 4 E-Hybrid ST im Test

07.12.2018 um 15:02, Lukas Steinberger-Weiß
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Die Welt hat sich verändert! Jetzt stellen die Stuttgarter sogar schon einen 911er her, in dem ein Mountainbike Platz findet und die Kinder mit Roller bewaffnet ihr Unwesen treiben. Und: Das Ding fährt auch noch rein elektrisch!?

.s hat Zeiten gegeben, da sind Porschefahrer mit einem Zahnbürstel auf Urlaub gefahren, weil der „Kofferraum“ das Fassungsvermögen einer größeren Handtasche hatte. 2019 liegen glatt zwei Mountainbikes hinter der Heckklappe eines verlängerten 911ers – wir haben das tatsächlich ausprobiert! Der Porsche- Kombi, das Wort Kombi hören die Stuttgarter ja nicht gerne, ist offiziell ein Sport Turismo. Bei umgelegten Sitzen steigt das Ladevolumen des „ST“ auf beachtliche 1.295 Liter! Wer möchte, kann die Mountainbikes gegen die Familie tauschen, denn der 4 + 1-Sitzer bietet auch sehr gute Platzverhältnisse für die Passagiere. Ja, der Panamera ST hat eine gewisse Riesigkeit, was man am obigen Foto gut erkennen kann. Mit einer Länge von 5,049 Metern gehört er zu den längsten auf der Straße. Dazu kommen fast zwei Meter Breite und nur 1,4 Meter Höhe. Dieser Mix lässt den Deutschen extrem wuchtig -erscheinen. Und noch etwas macht den langen Porsche zu etwas Besonderem. Das Ding fährt auch elektrisch!

Der Anteil jener, die den Panamera ST als Plug-in kaufen, ist brutal hoch. Ist aber auch logisch, denn: Nachdem der durchschnittliche Österreicher im Schnitt pro Tag zwischen 30 und 40 Kilometer weit fährt, kommt man mit einer Vollladung rein elektrisch locker über die Runden. Ein Beispiel: Wir fuhren von Linz nach Steyr und zurück. Das sind etwas mehr als 90 Kilometer. Dabei zeigte die Kraftstoffanzeige 4,8 Liter an, ohne dass wir dabei den Porsche durch die Gegend getragen haben. Nachdem der Plug-in im Alltag etwa 40 Kilometer rein elektrische Reichweite hat und bei längeren Fahrten die Hybridfunktion greift, kommen unterm Strich tolleVerbrauchswerte raus. Dabei darf man nicht vergessen, dass der Panamera 462 PS Systemleistung bietet, die aus einem V6-Biturbo-Benziner (3,9 Liter Hubraum, 330 PS) sowie dem E-Motor (136 PS) stammen. Die vom Werk angegebenen 2,6 Liter sind allerdings nur dann zu erreichen, wenn man auf kürzeren Strecken unterwegs ist, wo der rein elektrische Antrieb die Oberhand hat. Auf Langstrecken, wo hauptsächlich der Benziner werkt, schrumpft der Vorteil schnell dahin. Wer aber mit vollen Batterien z. B. von Wien nach Linz fährt, verbraucht die ersten rein elektrischen 30 bis 40 Kilometer keinen Benzin. So sind es bei 130 km/h auf der Autobahn acht Liter Verbrauch. Wer möchte, kann übrigens
während einer längeren Fahrt die Batterien laden, und sich dann wo es Sinn macht (also in der Stadt) rein elektrisch fortbewegen. Geladen wird an der ganz normalen Haushaltssteckdose. Wenn diese mit 10 Ampere abgesichert ist, dauert der Ladevorgang etwa sechs Stunden. An der Zapfsäule mit 32 Ampere sind es 2,4 Stunden. Auffällig: Porsche liefert ein extrem großes und schweres Ladegerät mit. Dieses ist ­optisch im Porsche-Design gehalten und irgendwie fast zu schade, um es im Regen während des Ladevorgangs ­herumliegen zu lassen.

Vor allem die Front wirkt wie die des Porsche 911. Mag sein, dass für so manchen eingefleischten Porsche-Freak der Panamera ST ein No-Go ist. Tatsächlich ist auch der Panamera ST mit seinen 462 PS einwaschechter Sportler, der in 4,6 Sekunden (Allrad!) auf 100 Sachen beschleunigt. Zugegeben, er agiert auf der Straße doch etwas gelassener bzw. gutmütiger als sein kurzer Bruder. Allerdings vernichtet er Kurven im Eiltempo – und der Sound aus den Endrohren ist mitunter mehr als sportlich. Je nach Einstellung des Fahrmodus: von lautlos-elektrisch bis brutal-giftig inklusive netter Plopp­geräusche, wenn man schnell vom Gas geht. Lustig auch ein Dachspoiler, der auf Knopfdruck und in den Fahrmodi „Sport“ bzw. „Sport+“ automatisch ausfährt.

Im Cockpit wirkt alles zusammen­geräumt. Besonders auffälllig das mittig angebrachte 12,3-Zoll-Display. Dazu gibt es auch noch links und rechts vom Drehzahlmesser zwei 7-Zoll-Displays für Tacho und andere Fahrwerte. Lässig auch ein AMG SPEEDSHIFT TCT 9G-Getriebe, das den Verbrauch nach unten drückt. Bleibt noch die Preis­frage: Der Startpreis mit 114.810,– Euro für den Benziner ohne Plug-in reißt halt doch ein etwas größeres Loch ins Geldbörsel. Allerdings startet der getestete Plug-in mit 114.630,– Euro sogar etwas unter dem reinen Benziner. Das hängt mit der geringeren NoVA zusammen. Insofern muss man sich fragen, warum sich überhaupt noch jemand für die reine Benzin­va­riante entscheidet. Schließlich bekommt man beim E-Hybrid nicht nur die Vorteile der Elektromobilität geliefert, sondern erhält mehr PS, und die Kfz-Steuer ist gleich hoch, wie bei der normalen Variante. So gilt der Spruch: Trenne nie „E“ und „ST“, denn das tut der Geldbörse weh.

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