Nicht jeder Missbrauchstäter ist pädophil
Der Fall Teichtmeister hat die Debatte rund um den Schutz von Kindern vor sexuellem Missbrauch angeheizt. 1.921 Strafanzeigen wegen des Konsums, der Herstellung oder des Besitzes von Missbrauchsfotos und -videos hat das Bundeskriminalamt 2021 erfasst. Nur ein geringer Teil der Täter sei jedoch wirklich pädophil.
Der Missbrauchs-Downloader ist ein klassischer Suchtmensch.
- Jonni Brem, Psychotherapeut
10 bis 20 Prozent werden zum Täter
Brem arbeitet als klinischer Psychologe und Therapeut für die Wiener Männerberatung mit Sexualstraftätern – vor, während und nach der Verurteilung. In der öffentlichen Diskussion müsse man differenzieren, so der Experte. "Nur die wenigsten Männer, die sich an Kindern vergehen, sind pädophil", sagte er. Ausschlaggebend für eine pädophile Neigung könnten unter anderem traumatische Erlebnisse in der Kindheit sein. Auch das Gefühl, Macht über eine Person zu besitzen, spiele eine Rolle. "Und das geht bei Kindern halt einfach leichter", so der Experte. Laut Brem beläuft sich der Prozentsatz an betroffenen Männern, die zum Täter werden, auf zehn bis 20 Prozent. "Die wenigsten Betroffenen trauen sich letztendlich, auch wirklich einem Kind etwas anzutun."
Missbrauchsdownloads sind ein Suchtphänomen
Ähnlich verhält es sich laut Brem auch mit Männern, die Missbrauchs-Darstellungen konsumieren. Eine solche Neigung sei vor allem ein Suchtphänomen. "Der Missbrauchs-Downloader ist ein klassischer Suchtmensch", so Brem, der den Fall von Schauspieler Florian Teichtmeister hierfür als beispielhaft sieht. Dort gehe es, so der Experte, vor allem darum, einen vernünftigen Umgang "mit solch einer Neigung" zu finden. Oftmals folgt auf eine (bedingte) Haftentlassung eine weitere Therapie. "Zusammen mit einem ganzen weiteren Bündel an Maßnahmen", wie Thomas Marecek vom Verein "Neustart" im Gespräch mit der APA erklärte.
Man geht davon aus, dass Pädophilie zwar veränderbar ist, in ihrem Wesen aber ein Leben lang bestehen bleibt."
- Jonni Brem, Psychotherapeut
Sexualdelikte in Österreich
2021 verzeichnete das Bundeskriminalamt 1.921 angezeigte Straftaten wegen des Besitzes, der Herstellung oder des Konsums von Missbrauchs-Darstellungen. Hinzu kommen 381 angezeigte Straftaten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen, 381 Anzeigen wegen sexuellen Missbrauchs von Unmündigen sowie 70 wegen des sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen. "Sexualdelikte gehören in Österreich zu den Delikten mit geringer Rückfallswahrscheinlichkeit", erklärt Brem. Er verweist auf eine Quote von 22 Prozent vor einer Therapie, sowie danach 3,9 Prozent in Österreich. "Im Vergleich zu anderen Delikten ist das eine extrem geringe Quote."