Engpass: Medikamenten-Produktion muss nach Europa
Nach dem offenen Brief der Kinder- und Jugendärzte aus mehreren europäischen Ländern, darunter auch Österreich, an die Gesundheitsminister ihrer Länder wegen der Knappheit bei Kinderarzneimitteln, hat nun das österreichische Gesundheitsministerium reagiert. "Der aktuelle Medikamentenmangel, der zahlreiche europäische Länder betrifft, ist nur auf EU-Ebene nachhaltig lösbar", so das Ressort am Sonntag und verwies auf die geplante Aktualisierung der EU-Arzneimittelgesetzgebung.
Zugängliche und leistbare Medikamente
Die Erneuerung umfasse unter anderem das Ziel, die Produktion von Medikamenten wieder nach Europa zu bringen und Medikamente ohne Einschränkungen verfügbar, allgemein zugänglich und leistbar zu erhalten. Damit werde auch die Versorgung mit Medikamenten in Österreich langfristig sicherstellt, hieß es.
Parallel arbeitet das Gesundheitsministerium bereits an der Umsetzung schnell wirksamer Maßnahmen, um die Lage zu entspannen. Dazu wurde unter anderem die magistrale Zubereitung von Kinderantibiotika mit dem Wirkstoff Amoxicillin in Apotheken vereinfacht.
Präparate mit dem Wirkstoff Amoxicillin dürfen nun ohne chef- und kontrollärztliche Bewilligung in Apotheken selbst zubereitet werden.
Reserven erhöhen
"Um einen Engpass in Zukunft zu vermeiden, bereitet das Gesundheitsministerium auch eine Verordnung vor, um die Reserven von Medikamenten und Wirkstoffen in Österreich deutlich zu erhöhen." Dazu würden bereits Gespräche mit dem pharmazeutischen Großhandel und den Arzneimittelherstellerinnen und -herstellern laufen.
Bayern erlaubt nicht zugelassene Antibiotika-Säfte
Bayern will wegen des Problems vorübergehend die Einfuhr in Deutschland nicht zugelassener Antibiotika-Säfte für Kinder erlauben. "Wir in Bayern lassen nichts unversucht, um die Lage zu verbessern", erklärte Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) am Wochenende laut dpa. Der Bund hatte am Dienstag offiziell einen "Versorgungsmangel" bei antibiotischen Säften für Kinder festgestellt. Somit ist es den Landesbehörden nach Holetscheks Worten nun möglich, im Einzelfall vorübergehend von Vorgaben des Arzneimittelgesetzes abzuweichen. Die bayerischen Bezirksregierungen sollen dementsprechend nun in einer neuen Allgemeinverfügung befristet den Import antibiotischer Säfte erlauben, die in Deutschland nicht zugelassen oder registriert sind. "So können die Pharmagroßhändler, Pharmafirmen und Apotheken unbürokratisch handeln", sagte Holetschek.
Gesundheit von Kindern gefährdet
Am Samstag zeigten sich die Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte europäischer pädiatrischer Gesellschaften in dem offenen Brief besorgt. "Die Engpässe der letzten Monate führen dazu, dass weder kindgerechte noch an Therapierichtlinien ausgerichtete Behandlungen möglich sind. Die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen wird dadurch nachhaltig gefährdet. Noch vor wenigen Jahren war dieses Szenario eines Versorgungsmangels in unseren Ländern nicht einmal ansatzweise vorstellbar. Wir sehen die Politik in der Verantwortung, eine ausreichende Produktion und Bevorratung wichtiger Arzneimittel der pädiatrischen Grundversorgung in Europa sicherzustellen."