Direkt zum Inhalt
Falscher Arzt vor dem Gericht. | Credit: APA/Karin Zehetleqtner
Immer Keller seines Hauses hatte der Mann eine "professionelle Praxis" eingerichtet. 
Immer Keller seines Hauses hatte der Mann eine "professionelle Praxis" eingerichtet. 
APA/Karin Zehetleqtner

Falscher Arzt vor Gericht

26.01.2023 um 11:23, APA Chronik
Ein Steirer behandelte ohne je Medizin studiert zu haben 126 Patienten. Dafür muss er sich nun vor dem Straflandesgericht in Graz verantworten.

Ein Steirer, der jahrelang ohne jede Ausbildung als praktischer Arzt praktiziert hatte, ist am Donnerstag im Grazer Straflandesgericht vor einem Schöffensenat gestanden. Weil er 126 Patienten behandelt haben soll, musste er sich wegen schweren gewerbsmäßigen Betrugs, Körperverletzung, Urkundenfälschung und Kurpfuscherei verantworten. Er zeigte sich im Großen und Ganzen geständig: "Es war wirklich ein Unsinn." Der Mann ist zu 18 Monaten, davon sechs unbedingt, verurteilt worden. Der Angeklagte erbat sich Bedenkzeit, die Staatsanwältin gab keine Erklärung ab. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

>>>Wien: Polizei schnappt falsche Beauty-Ärztin

Nie Medizin studiert

Der Angeklagte verfügt zwar über einige – abgebrochene – Ausbildungen wie Krankenpfleger und Friseur sowie Perückenmacher, Medizin studiert hatte er aber nie. Trotzdem richtete der sich der Steierer im Keller seines Hauses eine "professionell ausgestattete Praxis" ein, so die Staatsanwältin. Weder die Urkunden an der Wand noch eine Notarztjacke und ein Arztkoffer fehlten. Im Auto lag das Schild "Arzt im Dienst", auf den Visitenkarten stand "DrDr.med". Er verabreichte Zeckenschutzimpfungen, führte Punktionen durch, verabreichte Antidepressiva und machte Hausbesuche. "Ein durchaus gemischtes Betätigungsfeld", beschrieb es die Anklägerin. Schließlich führte er auch kleinere operative Eingriffe durch, wie entzündetes Gewebe entfernen oder eine Talgdrüse öffnen.

„War das Größenwahn?“

"Wie kommt man auf die Idee, sich eine professionelle Praxis mit Hausapotheke einzurichten?", wollte Richterin Angelika Hacker wissen. Er habe eine Online-Ausbildung zum Heilpraktiker gemacht und im Bekanntenkreis Behandlungen durchgeführt, erzählte der Steirer, der sich auch als "Facharzt für komplementäre Medizin" bezeichnet hatte. "Es war eine Dynamik, das hat sich so entwickelt", versuchte er zu erklären. "Das kann sich nicht einfach so entwickeln. War das Größenwahn oder was?", fragte die Vorsitzende. "Ich wollte wirklich helfen", entgegnete der Angeklagte. "Leute wie Sie sind eine Gefahr", war die Richterin überzeugt.

Kochsalz und Vitamin B12 für Rheumapatienten

Schlimme Folgen hatte seine "Behandlung" für einen Rheumapatienten: Laut Staatsanwältin verabreichte er dem Mann Kochsalzinjektionen und Vitamin B12, was aber nichts half. Bald waren beide Hände geschädigt, es kam zu einer Fehlbildung der Fingergelenke.

Vorgetäuschter Gehirntumor

2020 ging der "Arzt" selbst als Patient in die Nervenklinik und legte gefälschte Befunde über einen Gehirntumor bei sich vor – die Ärzte bemerkten allerdings die Fälschungen sofort.

more