Direkt zum Inhalt
Verwüstungen nach der Flutkatastrophe in Lybien
In der zerstörten Küstenstadt Darna vermischt sich Trinkwasser mit Abwasser.
In der zerstörten Küstenstadt Darna vermischt sich Trinkwasser mit Abwasser.
APA/AFP

Nach Flutkatastrophe: Angst vor Cholera-Ausbruch in Lybien

16.09.2023 um 09:28, APA, Red
min read
Nach Überschwemmungen in Libyen wächst die Angst vor Cholera. Verschmutztes Grundwasser gefährdet die Küstenstadt Darna, wo Dutzende Kinder erkrankten.

In Libyen gibt es nach den schweren Überschwemmungen Befürchtungen vor einem möglichen Ausbruch der Magen-Darm-Krankheit Cholera. Das Gesundheitsministerium in Tripolis warnte laut der Zeitung "Arab News" vor einer Infektion mit den gefährlichen Bakterien. In der schwer betroffenen Küstenstadt Darna sei Grundwasser durch Leichen, Tierkadaver, Müll und chemische Substanzen verschmutzt worden, hieß es. Dutzende Kinder sind dort durch verschmutztes Wasser erkrankt.

Widersprüchliche Informationen

"Wir bitten die Menschen dringend, sich den Brunnen in Darna nicht zu nähern", wurde Gesundheitsminister Ibrahim Al-Arabi zitiert. Das Bürgerkriegsland ist faktisch gespalten, neben der Regierung in Tripolis gibt es eine zweite im Osten des Landes. Die beiden Lager sind verfeindet und geben teils widersprüchliche Informationen zur Katastrophenlage in dem nordafrikanischen Staat heraus.

Zweite Katastrophe

Vorrang bei den Hilfseinsätzen in Libyen hätten jetzt "Unterkünfte, Nahrung und wichtige medizinische Grundversorgung wegen der Sorge vor Cholera und der Sorge um den Mangel an sauberem Wasser", sagte UNO-Nothilfekoordinator Martin Griffiths in Genf. Im Fokus stand dabei vor allem die östliche Küstenstadt Darna. "Wir versuchen, eine zweite Katastrophe dort zu vermeiden. Es ist von entscheidender Bedeutung, eine Gesundheitskrise zu verhindern, Unterkünfte, sauberes Wasser und Nahrungsmittel bereitzustellen", sagte Jens Laerke, ein Sprecher des Büros der Vereinten Nationen für humanitäre Hilfe, dem Sender BBC.

55 Kinder erkrankt

Laut dem Leiter des Nationalen Zentrums für Krankheitsbekämpfung, Haider al-Sajih, hat sich Darna Trinkwasser mit Abwasser vermischt. 55 Kinder seien erkrankt. Sie stammten aus Familien, die durch die Fluten vertrieben wurden, sagte der Beamte der Nachrichtenseite "Al-Wasat" am Freitag.

Hilfsgüter unterwegs

Am Freitag startete ein Flugzeug mit medizinischer Ausrüstung und Lebensmitteln aus der Hauptstadt Tripolis im Westen. Dem dortigen Gesundheitsministerium zufolge wurden auch Container mit Arzneimitteln in Richtung Osten geschickt. Libyen ist faktisch gespalten mit zwei verfeindeten Regierungen im Westen sowie im Osten des Landes. Retter suchten weiterhin nach Opfern unter Trümmern, an der Küste und im Meer. Auch aus dem benachbarten Ägypten wurden Hilfsgüter auf dem Land- und Seeweg nach Libyen geschickt. Auf den Lastwagen stand in großer Aufschrift: "Vom ägyptischen Volk an das libysche Volk."

Wettlauf gegen die Zeit

Das Mitglied eines militärisch-medizinischen Konvois in Darna, Hisham al-Malti, beschrieb die allgemeine Lage unterdessen als katastrophal. Die Rettung sei durch die Ankunft internationaler Helfer zwar beschleunigt worden. Dennoch würden sich Leichen nach den bereits vergangenen Tagen seit den Überschwemmungen rasch zersetzen. Weil die Verstorbenen rasch beerdigt würden, werde die Identifizierung der Opfer vernachlässigt und es damit erschwert, auf eine abschließende und verlässliche Zahl der Todesopfer zu kommen. Zur Zahl der Todesopfer gab es bis Freitag weiterhin widersprüchliche Angaben. Im schwer getroffenen Darna werden bis zu 20.000 Tote befürchtet. Rettungsteams stehen im Wettlauf gegen die Zeit und beim Versuch, Überlebende zu finden, auch vor gewaltigen logistischen Herausforderungen.

more