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Lernen ohne Noten: Die Bildungsstätten der Zukunft

18.08.2014 um 15:33, A B
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Frontalunterricht, große Schülerzahlen und schon von klein auf Notendruck ist die Norm. Das muss nicht sein, es geht nähmlich auch anders. Was Montessori & Co. ausmacht.

Bald fängt für mehr als eine Million Schüler der Ernst des Lebens wieder an. Sprich: Strebern von Montag bis Freitag, geregelter Stundenplan, Prüfungen, Noten. Doch nein – nicht für alle. Immer mehr Eltern entscheiden sich für alterna­tive Lehrformen wie Montessori, Waldorf und Co., oder sie unterrichten ihre Kinder selbst. Das darf jeder – in Österreich herrscht nämlich Bildungs- und nicht Schulpflicht.

Ohne Noten

Für Ursula F. war klar, dass für ihren Sohn ein normaler Regelschulbetrieb nicht infrage kommt. Das Konzept der Schulwerkstatt Ebreichsdorf überzeugte sie. Die Schule verfolgt einen reformpädagogischen Ansatz – von der ersten bis zur neunten Schulstufe lernen die Schüler hier gemeinsam, die Kleinen von den Großen. Mobbing gibt es nicht. Der Umgang ist viel harmonischer.

Soziale Kompetenz

Diese Fähigkeit, Anderssein zu akzeptieren und damit umzugehen, ist für die Zukunft essenziell: „Neben Sprachkenntnissen und einem naturwissenschaftlichen Grundverständnis werden drei Werte die Zukunft bestimmen: zwischenmenschlische Fähigkeiten, Verantwortung und Verständnis dafür, dass wir auf der Erde Teil eines gemeinsamen Ganzen sind“, betont Bildungsexperte Andreas Salcher. Diese werden in der Schulwerkstatt kindgerecht vermittelt. Anders als im Regelschulbetrieb, wo der Durchschnitt als Norm gilt, wird die Persönlichkeit des Kindes gestärkt. Auch der Sohn von Vera E. besucht eine Montessori-Schule in der Steiermark. Was die dreifache Mutter überzeugte: die Begeisterung der Kinder für Neues und dass das erworbene Wissen wirklich gefestigt ist.

Geduld gefragt

Bei derart viel Freiheit sind die Pädagogen gefordert, damit es kein „Durchschummeln“ gibt. Schreiben, Lesen und Rechnen müssen beherrscht werden. Statt Noten gibt es am Ende des Schuljahres Bücher mit detaillierten Aufzeichnungen über den Lernfortschritt. Eltern, die sich für ­alternative Schulformen entscheiden, brauchen vor allem Geduld und Vertrauen in ihr Kind: Einen direkten Vergleich mit anderen gibt es nicht. Jedes Kind lernt anders, da kann es auch vorkommen, dass Basics wie Lesen in der 2. Klasse noch nicht ganz sitzen

Wohn- statt Klassenzimmer

Eine andere Form, die hierzulande weniger verbreitet ist, nennt sich „Homeschooling“ oder „Heimunterricht“. Das Prozedere: Man meldet die Sprösslinge zum Hausunterricht an, paukt den vorgege­benen Lehrstoff und erbringt einmal pro Jahr bei einer sogenannten Externistenprüfung den Nachweis, dass das Kind den Stoff beherrscht. Hier sind beide Seiten, Eltern und Kinder, gefordert. Für den vierfachen Vater Auke B. war diese Form des Lernens Grund ­genug, von Deutschland, wo Hausunterricht gesetzlich verboten ist, nach Österreich zu übersiedeln. Seine Frau unterrichtet die Kinder im Alter zwischen sieben und 13 Jahren erfolgreich zu Hause.

Ganz ohne Schule

Joya M. betreut die „Plattform der Freilerner“. Das Lernkonzept ihrer Wahl nennt sich „Unschooling“. Das Credo: Wenn das Kind soweit ist, lernt es ganz von selbst. „Kinder haben ihren eigenen Rhythmus – manchmal lernen sie viel, dann weniger“, sagt M.

Zukunftsorientiert

Egal für welche Form man sich entscheidet – als Elternteil trägt man Verantwortung. Die ­Involvierung in die Ausbildung ist bei alternativen Modellen ungleich höher als im Regelschulbetrieb. Es kann sich aber auszahlen: Die ­befragten Eltern betonten durch die Bank die große Selbstständigkeit ihrer Kinder – und die große Freude am Lernen. Unlust oder Schulfrust gibt es nicht. Eigeninitiative, Lösungsorientiertheit und soziale Kompetenz sind genau jene Fähigkeiten, die der Arbeitsmarkt der Zukunft braucht.

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