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Über Kohlenhydrate sind viele Irrtümer im Umlauf
Über Kohlenhydrate sind viele Irrtümer im Umlauf
egal/iStock/Thinkstock

Energie-Bilanz: Wie Kohlenhydrate wirken

14.10.2015 um 16:42, Weekend Online
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Spaghetti machen glücklich und satt, sagen die einen. Von Pasta wird man müde, heißhungrig und dick, warnen die anderen. Was stimmt denn nun? Wir beantworten die häufigsten Fragen rund um die geliebten Energielieferanten.

Sie wollen sich bewusster ernähren, vielleicht ein paar Kilo abnehmen und überlegen, auf "Low Carb" umzusteigen? Hier sind die wichtigsten Fakten.

1. Warum geht es den Nudeln an den Kragen?

Nudeln sind deshalb so gut als Beispiel ­geeignet, weil sie zu rund 80 Prozent aus Kohlenhydraten bestehen. Das gilt für ungekochte Nudeln. Eine mittlere Portion gekochte Pasta (250 Gramm) enthält immerhin 75 Gramm Kohlenhydrate. Außerdem ist ihr glykämischer Index sehr hoch, d. h., sie werden rasch in ­Zucker umgewandelt. Unsere Beispiel-Portion Nudeln entspricht im Blut in etwa vier bis fünf Esslöffeln Kristallzucker. Damit spielen sie in einer Liga mit Cornflakes, Limonade und Schoko-Riegeln.

2. Was löst die Mahlzeit im Körper aus?

Im Blut befindet sich jetzt also eine ­ganze Menge Zucker, in Form von Glucose. Gegen zu viel Zucker im Blut wehrt sich die Bauchspeicheldrüse, indem sie Insulin ausschüttet. Und Insulin sorgt dafür, dass der Körper aufhört, Fett zu ­verbrennen – es wird einfach keine weitere Energie mehr benötigt. Kohlenhydrate verhindern also die Fett-Verbrennung, weil sie den Körper zur Ausschüttung von Insulin zwingen.

3. Was Zucker-Rausch süchtig?

Wissenschafter führen über den Suchtfaktor eine weltweite Kontroverse. Grund: In Versuchen mit Ratten konnte eine „Zuckersucht“ tatsächlich nachgewiesen werden, allerdings nicht beim Menschen. Den berühmten Heißhunger erklären sich Psychologen eher mit dem Belohnungs­effekt. Seid der Kindheit kennen wir die tröstende und sättigende Wirkung von Zucker und Stärke. Eins ist allerdings unbestritten: Das Gehirn braucht Glucose, um zu funktionieren. Das European Food Information Council empfiehlt daher „für ein gutes Funktionieren des Gehirns, den Blutzucker auf einem ­optimalen Niveau zu halten.“ Sinkt der Glucosespiegel unter ein bestimmtes Niveau (z. B. nach der Ausschüttung von Insulin), kann das „verschiedene geistige Funktionen beeinträchtigen, beispielsweise Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Lernen.“ Kennen wir alle: Nach der Portion Nudeln ist man zunächst geradezu aufgekratzt („sugar high“), wenig später – wenn der Zucker­spiegel wieder im Keller ist – müde und abgeschlagen („Lunch-Narkose“). Und dann? Wollen wir mehr von dem Zeug!

Kohlenhydrate sind oft verlockend. Aber wie gut vertragen wir sie wirklich?

4. Ist „Low Carb“ die ­Lösung?

Zumindest ein Schritt in die richtige Richtung, den unheilvollen und ungesunden Kreislauf „Kohlenhydrat-Flash mit anschließender Unterzuckerung“ zu stoppen. Unsere Ernährung besteht heute schlicht aus zu vielen Einfachzuckern. Sich bei Fertiggerichten, Weißbrot, Süßigkeiten und Nudeln einzuschränken, kann also gar nicht falsch sein. Allerdings: „Fette haben den höchsten Brennwert“, sagt Ernährungswissenschafterin Katharina Marisch, „sie liefern mit 9 kcal pro Gramm etwa doppelt so viele Kalorien wie Kohlenhydrate oder Proteine.“ Die Expertin von Weight Watchers weiter: „Wir bewerten Lebensmittel nicht nur nach ihrem Kalorien-, sondern auch nach ihrem Nährwertgehalt.“

5. Nimmt man davon ab?

Ja, man kann mit Low Carb Gewicht verlieren. Der vom Insulin in Schach gehaltene Blutzucker verschwindet ja nicht einfach, sondern endet als Fett auf unseren Rippen. Der Verzicht ist vor allem am Abend sehr wirkungsvoll, weil der Körper dann den fettabbauenden Hungerstoffwechsel anwirft (s. Punkt 6). Allerdings erst ca. 12 Stunden nach der letzten Mahlzeit! Ein ­frühes Abendessen und ein spätes Frühstück können also beim Abnehmen helfen.

6. Komplett auf Kohlenhydrate verzichten?

Erstens: Es gibt tatsächlich die Ernährungsform „No Carb“, die zur sogenannten Ketose führt. Zweitens: Aber selbst hierbei führt man sich (wenige) Kohlenhydrate zu, denn diese ­stecken auch in Gemüse oder Milchprodukten. Drittens: Ketose bedeutet nicht umsonst „Hungerstoffwechsel“. Ziel ist die Aufnahme von unter 50 Gramm Kohlenhydraten am Tag. Denn wenn keine Glucose mehr zur Verfügung steht, beginnt der Körper, ­Ketonkörper aus Fettsäuren herzustellen, die Pfunde schmilzen. Auf die Dauer durchgeführt, kann diese sehr fett- und proteinlastige Ernährung jedoch gesundheit­liche Risiken bergen.

7. Wie vermeide ich „Entzugserscheinungen“?

Der Körper muss erst lernen, Energie auch aus Fett und ­Eiweiß zu beziehen. Heiß­hunger auf Süßes oder Stärkehaltiges ist also bei der Umstellung auf „Low Carb“ ­normal – sollte aber nach drei Wochen Geschichte sein.

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