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Seitensprung - kein Trennungsgrund mehr?
Seitensprung - kein Trennungsgrund mehr?
Vasyl Dolmatov/iStock/Getty Images Plus/Getty Images

Keine Affäre mehr? Wenn der Seitensprung ohne Konsequenzen bleibt

16.04.2019 um 11:57, Weekend Online
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Der Betrug war schon immer in Mode. Auch unsere Antworten aufs Fremdgehen spiegeln den Zeitgeist wider: Warum eine Affäre heute nicht unbedingt das Beziehungs-Aus bedeuten muss – und wann das kleine Verhältnis zum großen Verhängnis wird.

Zuerst war da Leidenschaft, dann Liebe. Traute Zweisamkeit, der Traum vom Traualtar. Und dann: nackte Tatsachen. Der Partner – ein Betrüger. Plötzlich ein Fremder, weil er fremdgegangen ist. Sie kennen das Gefühl? Fühlen plötzlich nichts mehr ... Auch, wenn es hart klingen mag: Um das Ganze muss aus Sicht der Statistik keine große Affäre gemacht werden. Studien zeigen, dass rund ein Drittel der befragten Männer dazu steht, in fremden Betten gewildert zu haben. Bei den Frauen sind es um die 20 Prozent, die den Mann an ihrer Seite schon mal links liegen lassen. "Über die Jahre lässt sich aber beobachten, dass sich die Geschlechter in ihren Angaben langsam annähern", weiß die Grazer Psychotherapeutin Anja Gutmann zu berichten. Ein Befund, den ihr Wiener Kollege Daniel Hitschmann, der seit 20 Jahren im Beziehungsgeschäft ist, teilt: "Die Affäre ist lange Jahre eine Männerdomäne gewesen." Doch die Frauen seien "im Kommen".

Betrugsmasche

Je größer der Ballungsraum, desto größer auch die Betrugsquote, die sich laut Forschung in Wien beispielsweise schon an die 40-Prozent-Marke annähern soll. Seitensprung and the City also. Auch scheint die berufliche Laufbahn auf die Libido durchzuschlagen: Das eigene Kompetenzfeld wird so zur koitalen Spielwiese.

Triebfeder

"Vor nicht allzu langer Zeit hatte man den ersten Sex in der Ehe, heutzutage hört man ab der Ehe auf, Sex mit anderen zu haben. Das frustriert manche von uns", sagt Beziehungscoach Dominik Borde von sozialdynamik.at. Doch es ist nicht nur der Wunsch nach sexueller Intensität, mit der Beziehungen aufs Spiel gesetzt werden. Es gehe um den Wunsch nach Aufmerksamkeit, nach wiedergewonnener Souveränität und Selbstbestätigung. Für eine problemhafte Beziehung kann Untreue der Todesstoß sein. Großes Bedrohungspotenzial attestiert ihr auch das Beziehungstherapie-Duo Evelin und Klaus Brehm. Sie erleben in ihrer Arbeit das "Prinzip Affäre" zudem auch als taktisches Manöver, um unbefriedigende Verbindungen aufrechtzuerhalten. Doch die Bereitschaft zum Durchhalten sinke.

Seitensprung als Chance

Dass das Auswärtsspiel nicht unbedingt den letzten Akt im Beziehungsdrama einläuten muss, bestätigt Gutmann. Auch Hitschmann registriert dieses Wachrütteln: Wenn es schon vorher suboptimal gelaufen ist, kann der Betrug hilfreich für einen Neuanfang sein. "Vorausgesetzt, man sieht die Schuld nicht allein beim Fremdgehenden." Dass man dafür im Umfeld auf Unverständnis stößt – mitleidige Blicke erntet oder gar als beschränkt bezeichnet wird –, thematisiert auch die belgische Expertin Esther Perel. Der Betrug als kleiner Betriebsunfall? Begleit- oder gleich Totalschaden? Dominik Borde ist sich sicher: "Heute ist das Bleiben die neue Schande."

Top 5-Jobs mit Seitensprung-Potenzial

Männer: Top 5

  1. Baugewerbe 29 %
  2. Informatik 12 %
  3. Start-up11 %
  4. Einzelhandel/Hotellerie 8 %
  5. Finanzwesen 8 bis 9 %

Frauen: Top 5

  1. Medizin 23 %
  2. Bildung 12 %
  3. Start-up 11 %
  4. Finanzwesen 9 %
  5. Sozialarbeit 9 %

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