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Mut zum Heulen
Mut zum Heulen
Marjan_Apostolovic/iStock/Thinkstock

Mut zum Heulen: Achtung, fertig, weinen!

24.05.2017 um 10:05, Julia Beirer
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Trauer, Angst, Wut. Die Gründe, warum Menschen weinen, sind vielfältig. Heulsusen müssen sich aber fürs Flennen keineswegs schämen: Es tut uns nachweislich gut. Eine Hommage an die dicken Kullertränen, denen wir viel öfter nachgeben sollten.

Tränen offenbaren unsere tiefsten Gefühle: Wer weint, ist glücklich oder traurig, wütend oder verzweifelt, gerührt oder ängstlich. So wie bei Babys ist Plärren im Prinzip ein Hilferuf. Den haben die meisten von uns allerdings verlernt, als sie erwachsen wurden.

Laufen lassen

Dabei sagt die Wissenschaft, dass wir viel öfter un­sere Tränen kullern lassen sollten. Denn obwohl wir während des Weinens körperlich angespannt sind und uns dabei elend fühlen, kommt es 90 Minuten nach einer Heul-attacke zu einem richtig positiven Gemütszustand. Der ist sogar besser als vor dem Weinkrampf, so die Ergeb­nisse der Tilburg Universität in den Niederlanden. Der Grund: Beim emotionalen Weinen, das sich vom reflektorischen Weinen durch Fremdeinwirkung wie z. B. Wind deutlich unterscheidet, werden Stresshormone abgegeben. Wir spüren Erleichterung und fühlen uns befreit.

Goodbye sagen

Was wir allerdings gar nicht wollen, ist in Gegenwart von Fremden zu weinen. In westlichen Kulturen wird am liebsten zu Hause geflennt, alleine, vor dem Partner oder vor der Mama. Der Hauptgrund für Tränen ist der Verlust einer nahe­stehenden Person, an zweiter Stelle stehen mitreißende ­Filme. Erst danach kommen Wut und Enttäuschung, Mitgefühl, körperliche Schmerzen, Stress und Erschöpfung sowie Streit mit dem Partner. Lediglich acht Prozent geben Glück als Ursache für ihre ­vergossenen Tränen an.

Wasserfall beim Happy End

Warum aber müssen wir sogar bei einem Happy End im Film häufig weinen? Dieses Phänomen beschäftigte schon jede Menge Wissenschafter. So sah Psychoanalytiker Sandor Feldmann in den 50er-Jahren in den überfließenden Emotionen einen Beweis dafür, dass dem Zuschauer die Illusion bewusst wird: Im wirklichen Leben bleibt das gute Ende aus. ­Psychologen der Universität Mannheim sind dagegen überzeugt, dass beim Ende des Films schlichtweg die Anspannung abfällt und deshalb geweint wird – ganz egal, wie es ausgeht. Endet eine gern gesehene Serie, spielt auch der Trennungsschmerz von den geliebten Protagonisten mit.

Klischee Heulsuse

Männer weinen tatsächlich seltener als Frauen: Eine deutsche Untersuchung zeigt auf, dass beim vermeintlich stärkeren Geschlecht lediglich 17-mal im Jahr die Tränen kullern, bei Frauen bis zu 64-mal. Der Grund: Das Vergießen von Tränen aus Traurigkeit gilt immer noch als Zeichen von Schwäche. Freudentränen fließen hingegen häufiger: Es ist durchaus o. k. als Mann zu weinen, wenn der Lieblingsverein ein Spiel gewinnt.

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