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Anna Gratzer

Mein Cornwall: Lilos mystische Begegnung in Dartmoor

10.01.2018 um 09:39, Lilos Hunde-Tagebuch
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Eines der aufregendsten Erlebnisse in Cornwall für Lilo war der Ausflug nach Dartmoor. Die Hügellandschaft allein wirkte schon mystisch genug. Doch plötzlich zogen Wind und Nebel auf. Was war geschehen? Ein kleines Märchen.

Eine unbekannte Umgebung

"Wo bin ich denn hier?", dachte ich, als ich nach einer Weile Rennen endlich stehen blieb. Ich war doch nur den Geräuschen gefolgt, welche ich von Weitem vernahm. Mein Frauchen, ihre Eltern und ich waren gerade eine weite Strecke mit dem Auto gefahren. Dartmoor heißt der Ort, der sich mitten in einem Nationalpark befindet. Umgeben von weiten Wiesenflächen, Sumpf, Steinen und Steinmauern sowie frei lebenden Kühen, Pferden und Schafen. Zusammen mit meinem Frauchen stieg ich aus dem Auto aus.

Auf und davon

"Sie braucht doch auch ihren Auslauf, und ich glaube, Lilo muss sicher aufs Klo", dachte sich Anna, als sie mich von der Leine ließ. "Huuuiii." So schnell konnte sie aber nicht schauen, da war ich schon hinter dem nächstgrößeren Felsen verschwunden. Ich und weglaufen? Das gibt es doch eigentlich gar nicht! Da musste schon etwas ganz Besonderes gewesen sein. Was das wohl sein mag?

Ein Hämmern, ein Pfeifen, ein Singen und Summen. Immer in der gleichen Reihenfolge und mit wechselndem Abstand. Da muss doch etwas sein, aber was? Hastig folgte ich den Geräuschen, welche ich in der Ferne hörte. Immer meinen Ohren nach. Als ich dachte, ich wäre an dem Ort angekommen, an dem ich die Geräusche vermutete, hechelte ich einmal tief durch und lauschte. Ganz ruhig blickte ich mich um und streckte zunächst mein Hundeköpfen in die eine, dann in die andere Richtung.

Da erblickte ich einen großen Stein und stieg auf diesen hinauf, um eine noch bessere Aussicht zu erzielen. Als ich mich mit allen Vieren auf dem schweren Stein positionierte, war da plötzlich nichts mehr zu hören! Kein Hämmern, kein Pfeifen, kein Singen und Summen. N i c h t s! - es war absolut still.

Es war, als hätte die Erde jegliche Töne aufgenommen und verschluckt und nichts als aufziehenden Nebel zurückgelassen. "Das kann doch nicht sein! Meine Ohren täuschen mich doch nie", dachte ich. So strengte ich mein kleines Hundeköpfchen fleißig an und überlegte.

Ein neuer Freund

"Wenn ich schon nichts höre, dann kann ich wenigstens noch riechen", schloss ich. Schlau wie ich bin schloss ich meine Augen und schnüffelte drauf los. Zu aller erst roch ich nasses Gras, dann den Geruch von Schafwolle und den Duft einer Blume. Daraufhin strengte ich mich weiter an und konnte den Geruch von mit Moos bewachsenem Stein wahrnehmen. Da kam aber noch ein weiterer Geruch hinzu, aber was war das? Diesen kannte ich noch nicht.

Langsam öffnete ich die Augen und blickte mich um. Wiesen, eine Steinmauer entlang des Weges, Felsen, Wasser und in weiter Ferne grasende Schafe, das war alles was ich sah. Auf kurze Distanz war kein Mensch oder Tier zu sehen. Deshalb schloss ich erneut meine Augen.

Der Geruch kam aus einer Ecke an der Steinmauer. Auf leisen Pfoten tapste ich darauf zu, doch ich konnte nichts Ungewöhnliches darauf erkennen. Steine waren übereinander geschlichtet, und Moos wuchs am Boden der Mauer. So schnüffelte ich weiter. Da muss doch was sein! Vorsichtig streckte ich meine Zunge aus dem Mund und schleckte behutsam über den unbekannten Gegenstand. "He das kitzelt, hör auf!", hörte ich plötzlich eine Stimme sagen. Erschrocken wich ich einen Schritt zurück.

"Wo bist du?", fragte ich. Doch niemand antwortete. Na gut, dann schleckte ich eben erneut über die Stelle.

“Hi hi, hör auf. Das kitzelt doch", hörte ich erneut die nun kichernde Stimme aus der Mauer kommend, sagen. Ganz leise vernahm ich das Kichern, da musste ich meine Hundeohren ganz fest anstrengen. Aber es war ganz deutlich ein hoher, witziger Ton als Kichern zu erkennen.

"Wo und wer bist du? Ich tu dir nichts, hab keine Angst. Ich habe dich von Weitem gehört, bin neugierig geworden und den Geräuschen gefolgt", flüsterte ich in die Mauer. Eine Weile lang war es ganz still. Bis auf das Rauschen des aufkommenden Windes war nichts zu hören. Da bröckelten plötzlich ein paar Steine von der Mauer herab. Es schien, als ob sich die Steinmauer bewegte. Dann stand er plötzlich da. Ein winzig kleiner Mensch. Er ging mir gerade mal bis zu meiner Schulter.

Das kleine Wesen hatte ungewöhnlich große Füße aus Holz, welche mit Gras, Moos und an einem Fuß mit einer Blume bewachsen waren und Steinkugeln als Fußnägel hatte. Astige Beine, ein kurzer hohler Körper und große starke Hände, die Schaufeln ähnelten. Oben drauf saß ein Kopf, welcher ganz klar mit einem Menschengesicht versehen war. Der Unterschied lag aber darin, dass dieser aussah, als sei er in Holz geschnitzt. Äste mit Blättern standen davon ab, von welchen ab und an ein Blatt herabfiel. So etwas hatte ich, die abenteuerlustige Lilo, noch nie gesehen, doch ich war von meinem neuen Freund sehr angetan.

"Hallo, ich bin Lilo, die Hündin, und wer oder was bist du?", fragte ich freundlich, aber auch verwundert die kleine Gestalt. "Hallo Lilo, ich bin ein Baummensch und ich wohne hier im Moor schon seit sehr vielen Jahren. Damals, als sich die Menschen hier in England über uns Fabelwesen Geschichten erzählt haben, hat es mich bereits gegeben. Ich bin nicht nur eine Legende, ich existiere wirklich. Zwar zeige ich mich kaum, aber wie du siehst, bin da. Jeden Tag schlichte ich Stein auf Stein, um eine geschützte Umgebung für die hier lebenden Tiere zu schaffen. Die Mauer dient zusätzlich auch als Wegweiser für die vorbeikommenden Wanderer. Ich sehe also nach dem Rechten, damit kein Tier verloren geht, und kein Wanderer vom Weg abkommt. Neben den Tieren, die hier leben, bist du die Erste, die mich je entdeckt und gefunden hat."

Er fuhr fort: "An Tagen, an denen es keine Besucher oder Wanderer hier im Moor gibt, gehe ich meiner Beschäftigung nach und baue Mauern. Dabei singe und pfeife ich gerne vor mich hin. Das mache ich jeden Tag, das ganze Jahr lang. Normalerweise habe ich gute Ohren und höre, wenn sich Menschen oder unbekannte Tiere nähern. Heute habe ich anscheinend nicht gut genug aufgepasst, aber zum Glück bist du es, die mich gefunden hat. Die Tiere, die hier leben, sind meine Freunde, und für die Menschen existiere ich einfach nicht. Ich glaube, die Leute haben Angst vor mir, deswegen traue ich mich nicht, mich ihnen zu zeigen und bleibe lieber versteckt." Da staunte ich nicht schlecht, als ich der Geschichte von dem kleinen Wesen lauschte.

Wiedervereint

"L- I- L- O, Liiiiiiiloooo, wo bist du?", hörte ich auf einmal aus der Ferne jemanden rufen. "Das ist mein Frauchen - auf sie habe ich ganz vergessen. Ich habe ihr nicht gesagt, wohin ich gelaufen bin. Deswegen muss ich muss jetzt leider wieder zurück. Es war schön, dich kennengelernt zu haben. Hab keine Angst, ich behalte dein Geheimnis für mich", versprach Lilo. Schnell drehte ich mich auf allen Vieren um und rannte so schnell ich konnte in die Richtung, aus der die Rufe kamen.

"Tschüss, liebe Lilo, ich bin auch froh, dich kennengelernt zu haben", rief mir das kleine Fabelwesen noch hinterher und winkte.

"Ach Lilo, da bist du ja endlich wieder! Ich habe mir schon solche Sorgen gemacht. Wo warst du denn so lange?", fragte mein Frauchen. Erleichterung war in ihrer Stimme zu hören, als sie mich zu sich hochhob und mich ganz fest an sich drückte. Mit einem fetten Schmatzer schleckte ich Anna über das ganze Gesicht.

Aufgeregt bellte ich drauf los und sagte: "Anna, es tut mir leid, ich habe eine Erkundungstour gemacht und kann dir sagen, es war so toll!" Doch alles, was Anna verstand, war "WAU- WAU". Sie lächelte mich an, stieg mit mir zusammen in das Auto ein und gemeinsam setzten wir unseren Weg fort.

Ob diese Geschichte nun wahr ist oder nicht, bleibt jedem selbst überlassen. Vergesst nicht: Nur, weil ihr etwas nicht sehen könnt, heißt es nicht, dass es nicht doch existiert. Ich hoffe, euch hat mein Cornwall-Abenteuer genau so gut gefallen wie mir und meinem Frauchen. Künftig werde ich euch wieder Geschichten von meinem Leben in Österreich erzählen.

Bis bald,

Eure Lilo

Weekend-Bloggerin Anna Gratzer kommt aus Klagenfurt. Für weekend.at schreibt die passionierte Hunde-Liebhaberin über Reiseerlebnisse und Alltagsgeschichten aus Sicht ihrer Hündin Lilo (Parson Russell Terrier).

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