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Carmen Bischof

Mit dem Mini in den slowenischen Sommer

17.07.2017 um 12:45, Weekend Online
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Wenn man einen sonnengelben Mini für ein Jahr gewonnen hat, sollte man sich gut überlegen, wohin die erste Ausfahrt gehen soll. Gut, man könnte auch kurzfristig bei der Post anheuern, aber das war uns dann doch zu langweilig.

Das Gelb war ein mehr als deutlicher Hinweis: Eine Sommerdestination musste es sein. Ein glücklicher Zufall kam uns zu Hilfe und ließ uns eine Einladung zur Jahrestagung eines Kunden zukommen. 80 Personen aus gut zwei Dutzend Ländern, zwei dicht gepackte Tage im slowenischen Portoroz.

Ist der Kofferraum mini oder maxi?

Gemeinsam mit dem schwedischen Liebsten mache ich mich ans Packen: Das geschäftlich Notwendige zuerst, und so ist gleich der erste Koffer halbvoll mit Unterlagen, Laptops samt dazugehörigen Gerätschaften und Ladegeräten. Dazu noch die nötige Business-Garderobe, und wir können Gepäckstück 1 schließen.

Gepäckstück 2 ist eine große Tasche in passendem Sonnengelb, die wir zum Schuh-Sherpa umfunktionieren. Auf allen Reisen sind Schuhe das platzraubendste Übel im Gepäck, aber der Vorteil von Autoreisen ist schließlich, dass man einfach so lange einpacken kann, wie es der Wagen zulässt.

Schließlich kommen wir zu Gepäckstück 3, dem großen Hoffnungsträger. Für eine möglicherweise unverhofft auftauchende Stunde Meeting-Pause packen wir vorsichtshalber zwei Luftmatratzen, vier Badetücher, einen orange-farbenen und einen blauen Wasserball, fünf verschiedene Sonnencremes, drei Badehosen und fünf Bikinis für unterschiedliche Temperaturstufen ein. Man möchte ja für alles gerüstet sein, insbesondere für die Adria. Der Kofferraum des Mini schluckt alles brav. Slowenien kann kommen!

Maximales Fahrvergnügen bei Sonne und Regen

Bei der Abreise hat es schon in Wien 25 Grad, bis Graz wird es sicher noch wärmer und sonniger. Wir tragen faustgroße Sonnenbrillen und singen Italo-Hits. Das ist zwar geographisch leicht am Ziel vorbei, aber von Text und Melodie her verträglicher als Zlavko Avsenik und seine Oberkrainer. Der Mini-Motor brummt die Bässe und bereitet uns optimales Fahrvergnügen.

Bei Spielfeld passieren wir die Grenze, kleben eine fehlfarbige Vignette auf den Mini und schalten slowenische Radiosender ein. Slavko Avsenik holt uns mit Polka-Klängen ein, und bei Maribor fängt es an zu tröpfeln. Fünf ÖMV-Stationen weiter erreichen wir Celje. In dieser ansonsten entzückenden Stadt beginnt es zu schütten. Der wettererprobte Schwede übernimmt das Steuer und schaut Richtung Himmel. "Bedenklich", meint er und ich wundere mich wieder einmal, was für ausgefallene Wörter er kennt.

Knapp nach Ljubljana drischt der Regen so stark auf uns ein, dass wir das Radio und unsere Gespräche ausschalten. Der kleine Mini pflügt sich im dritten Gang durch Wassermassen. Ein fetter Audi mit deutschem Kennzeichen brettert an uns vorbei, als gäbe es keinen Regen und kein Morgen. Wir halten uns vorsichtshalber an die Slowenen und ihr Schritttempo. Das einzig Sommerliche ist das Gelb unseres Autos.

30 Kilometer weiter hat sich der Audi gemeinsam mit der Leitschiene in eine verbogene Blechskulptur verwandelt. Slowenische Pannenhilfe ist schon vor Ort. "Gott hat einen harten linken Haken", meint ein Lied, und heute hat er offensichtlich etwas gegen Übermut und erhöhtes Tempo. Wir fahren noch ein bisschen langsamer und kommen nach weiteren zehn OMV-Stationen am Etappenziel an.

Essen, Trinken und Benzin halten Leib & Seele zusammen

Bitte sagen Sie es nicht weiter, aber auf dem Weg in den Süden gibt es einen unscheinbaren kleinen Ort namens Divača, bestehend aus einem Bahnhof aus Kaisers Zeiten und einem Kreisverkehr, an dem die letzten zehn Jahre ununterbrochen gebaut wurde. Die örtliche Tankstelle ist wieder eine OMV, und hier bekommt der durstige Mini ordentlich zu trinken, bevor wir an unser eigenes leibliches Wohl denken.

Sonst besteht Divača aus einem TUS-Supermarkt und einer Pension namens Malovec, die bequeme Zimmer und hervorragendes Abendessen zu äußerst verträglichen Preisen anbietet. Vor Jahren hat uns jemand hier einquartiert. Wir kommen seither gerne wieder und essen standhaft immer dasselbe.

Kaum betreten wir das Restaurant, da werden wir schon gefragt: "Dobar dan! Tartufi?" In diesem südlichen Eck der Welt kommt man mit einer dreisprachigen Mischung aus Slowenisch, Italienisch und Zeigen bestens durch.

Glücklich sitzen wir vor kühlem slowenischem Lasko-Bier und dampfenden Schüsseln mit Linguine und einer Handvoll Trüffeln darüber. Die Restaurant-Terrasse ist voller bekannt heikler Gastesser aus dem benachbarten Italien, was immer ein gutes Zeichen ist. Gleich ums Eck wohnen in Sezana die Lipizzaner, aber hier lässt man sich besser auf keine Diskussion ein, wo die berühmten weißen Pferde eigentlich hingehören.

Portoroz, wir sind da!

Am nächsten Tag empfängt uns das mondäne Portoroz mit strahlender Morgensonne über der Adria. Das Navi führt uns zu einem riesigen Hotel, das auch ein Casino beherbergt. Wir steigen aus und legen die Köpfe in den Nacken, um das ganze große Gebäude zu bewundern.

Hinter mir fragt jemand mit slowenischem Akzent:

"Frau, bitte, darf ich um Autoschlüssel fragen?"
"Wie? Meinen Autoschlüssel?"
Der Slowene in Livree macht ängstliche Augen und nickt: "Ich will gern Ihr Auto parken."
"Warum?", frage ich fassungslos und stopfe den Schlüssel in die Handtasche.
Mein Liebster erholt sich von seinem Lachanfall und klärt mich auf: "Er wird vom Hotel dafür bezahlt, weißt du. Valet Parking."

Glück und Reichtum bringen ihre ganz eigenen Schmerzen mit sich. Es stellt sich heraus, dass ich mein Auto nicht einmal dann selbst parken dürfte, wenn ich wollte. Einem Fremden den Autoschlüssel zu einem Mini zu geben, der nicht einmal 1.000 Kilometer am Tacho stehen hat, tut weh. Wir drehen uns um und ziehen ins Hotel ein.

Später sehen wir: Der Mini steht direkt vor dem Hotel und darf wie wir die Aussicht auf die Bucht genießen. Er strahlt, frisch gewaschen vom slowenischen Sommersturm und glänzt goldgelb. "Am Abend", sagt mein neuer livrierter Freund, "kommt in Garage. Dann ist morgen kalt für Sie. Schönes Auto."

Die nächsten Tage ist von Meeting-Pause keine Spur, aber nach 691 PowerPoint-Folien verschieben wir am Ende kurzerhand die Abfahrt um zwei Stunden und werfen uns mit Geschäftsfreunden ins salzige Wasser. In der Adria führt man sogar produktivere Business-Gespräche als in einem verdunkelten Meeting-Raum.

Während der Heimfahrt trocknen Bikini und Badehose auf der Hutablage. Wie schön und gelb kann doch der Sommer sein!

Carmen Bischof ist gebürtige Murauerin ("die Stadt mit dem besten Bier", betont sie!), beruflich und privat gerne auf Reisen, beruflich in Sachen Vertriebssteuerung für die Senzor Industries AB aus Schweden unterwegs und privat auf der Suche nach schönen Orten, gutem Bier und lässigen Aktivitäten.

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